Legale Inhalte könnten unabsichtlich in den Netzen des Uploadfilters hängenbleiben, warnen Kritiker der Urheberrechtsreform.

Foto: APA/AFP/SAID KHATIB

Für Freunde und Feinde eines zur Verhinderung von Urheberrechtsverletzungen eingesetzten automatischen Uploadfilters waren die vergangenen zwölf Monate eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Der erste Vorschlag wurde im EU-Parlament anfangs nicht angenommen, bekam dann doch grünes Licht, dann stockten die Verhandlungen im EU-Rat – und nun feiert er ein Comeback und ist dabei laut Kritikern "schlimmer als je zuvor".

So bezeichnet jedenfalls die Piratin Julia Reda die neue Regelung, auf die sich Frankreich und Deutschland geeinigt haben. Frankreich wollte ein extrastrenges Urheberrecht durchsetzen, Deutschland hingegen Ausnahmen für kleine Unternehmen und Start-ups schaffen. Herausgekommen ist eine Regelung, die Firmen mit weniger als fünf Millionen Nutzern, zehn Millionen Euro Umsatz oder drei Jahren auf dem Buckel von Uploadfiltern ausnimmt. Allerdings nur, wenn diese nachweisen können, möglichst große Anstrengungen zum Erwerb von Rechtelizenzen unternommen zu haben. Was das konkret bedeutet, ist äußerst unklar.

Deshalb ist im Endeffekt niemand zufrieden: Einigen Rechteinhabern und dem EU-Abgeordneten Axel Voss, der die Urheberrechtsreform ausgehandelt hat, gehen die Ausnahmen zu weit. Für andere Betroffene, vor allem Start-ups und IT-Verbände, sind die Ausnahmen hingegen viel zu eng gefasst. Die Ispa, der Verband der Internetwirtschaft Österreich, spricht etwa von einer "zukunftsfeindlichen Urheberrechtsrichtlinie, die gestoppt werden muss".

Showdown vor EU-Wahl

Dazu gibt es nun nur mehr eine Möglichkeit: Nachdem sich die Mitgliedsstaaten im EU-Rat auf ihren Kompromiss verständigt haben, werden nun wieder EU-Kommission und EU-Parlament in die Verhandlungen einbezogen.

Vor der EU-Wahl muss eine Mehrheit der Abgeordneten den Vorschlag annehmen, andernfalls beginnt der Gesetzgebungsprozess von vorne. Kritiker des Vorschlags sehen in der zeitlichen Nähe zur EU-Wahl Ende Mai nun einen Vorteil. "Da ein Großteil der Abgeordneten im Mai wieder ins Europäische Parlament gewählt werden möchte, ist klar, dass auch die Aufmerksamkeit der Bevölkerung jetzt auf ihnen lastet", sagt Ispa-Generalsekretär Maximilian Schubert.

Vor den zwei früheren Abstimmungen im EU-Parlament hatten Netzaktivisten massive Kampagnen gegen die Urheberrechtspläne initiiert. Ähnliches ist nun auch in den kommenden Wochen zu erwarten. Kritiker der Regelung warnen davor, dass das Internet zersplittert und in seiner Funktionsweise fundamental verändert werden könnte. Wenn jede Plattform, auf die Inhalte geladen werden können, diese automatisch aussiebt, könnten eine Vielzahl legaler Inhalte unabsichtlich hängenbleiben. Das sei eine Einschränkung der Meinungsfreiheit, wird argumentiert. Außerdem könnten sich große US-Plattformen dagegen sträuben, Zensurfilter für ihre europäischen Nutzer einzubauen – und diese vorsorglich aussperren.

Ähnliches passierte schon im Zuge der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), wegen der nach wie vor einige Webseiten großer US-Zeitungen nicht mehr aus Europa abrufbar sind. (Fabian Schmid, 12.2.2019)