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Die Tennisspielerin Wang Qiang teilt ihren Nachnamen offiziell mit 101.499.999 anderen Chinesen. Vermutlich ist ihr das ziemlich wurscht, erst recht bei den Australian Open im Jänner, als sie wie alle anderen auch mit der Hitze zu kämpfen hatte.

Foto: AP/Aaron Favila

Neulich stellte ich mir vor, wie Chinas Polizei über Internetportale, Rundfunk- und Fernsehsender und die wiederinstallierten Nachrichtenlautsprecher in den Dörfern gleichzeitig ausrufen lässt: Alle mit Nachnamen Wang vortreten! Dann würde ein Ruck durch das ganze Land gehen, wenn sich mehr als 100 Millionen Chinesen angesprochen fühlen und mit dem Ruf "Hier!" vorspringen würden.

Die Volksrepublik ist ein Reich der Superlative mit bald 1,4 Milliarden Menschen. Das gilt ebenso für deren Familiennamen. Frauen und Männer, die Wang oder Li heißen und in China so verbreitet sind wie in Österreich die Bergers und Hubers, liefern sich dieses Jahr ein Kopf-an-Kopf-Rennen, wessen Name öfter vorkommt. Gerade hat jeder für sich die 100-Millionen-Marke überwunden. Der Nachname Wang ist in China offiziell 101,5 Millionen Mal registriert. Der Name Li folgt mit nur 610.000 Nasen weniger.

Führend bei Überwachungstechnologien

Das fanden die Meldeämter Ende Jänner heraus. Vor dem Frühlingsfest veröffentlichte die Polizei auf ihrer Website ihre neue Studie zur Namensvielfalt in der Volksrepublik, die in Wirklichkeit gar keine Vielfalt ist. Das erklärt vielleicht, warum China heute führend bei allen Überwachungstechnologien zur Gesichts- und Stimmerkennung ist. Die Behörden müssen schließlich ihre namensgleichen Bürger auseinanderhalten können. Allein 23 Nachnamen sind bei der Polizei jeweils mehr als zehn Millionen Mal gemeldet.

Amtlich ist die Bevölkerung unter 6.150 verschiedenen Familiennamen registriert. Doch 85 Prozent teilen sich einen von nur 100 Namen, die traditionellen "Baijiaxing" (Nachnamen der hundert Familien), die früher mehr als 100 Varianten umfassten. Die fünf häufigsten Nachnamen lauten Wang, Li, Zhang, Liu und Chen. Zusammen nennen sich mit einem dieser fünf Namen 433 Millionen Menschen, knapp ein Drittel der Bevölkerung.

Verschiedene Rufnamen

Allerdings lassen sich Chinesen über ihre Rufnamen auseinanderhalten. Eltern können sie frei wählen. Bei 92,2 Prozent folgt auf den Familiennamen ein Vorname, der aus zwei Zeichen besteht. 1,7 Prozent haben einen aus drei Zeichen gebildeten Vornamen.

Noch einzigartiger dürften sich alle fühlen, deren Eltern einem emanzipativen Trend folgten, der sich erst vor 30 Jahren in China durchsetzte. Sie tragen einen doppelten Nachnamen, heißen nach Vater und Mutter. 1990 wurden 118.000 Babys so benannt, schreibt die Polizei in ihrem Bericht. Ende 2018 waren es 1,1 Millionen. Traditionell zählt allerdings nur der Nachname des Vaters.

Das Leid mit Vor- und Nachnamen

Weil nach Chinas Gebräuchen der Familienname immer zuerst genannt wird und dann erst der Vorname folgt, machen Ausländer oft einen peinlichen Fehler. Sie sprechen Chinesen, mit denen sie sich nicht duzen, mit ihrem Vornamen an statt mit dem Familiennamen. Doch hat das auch einen Vorteil: Ausländer kriegen nicht mit, dass statistisch gesehen jeder siebente Chinese, den sie treffen, entweder Wang oder Li heißt. (Johnny Erling aus Peking, 12.2.2019)