"Soziale Arbeit ist mehr wert", erklären die streikenden Angestellten. Zum Beispiel sechs Prozent mehr Lohn.

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Wien – Jetzt wird es ernst: Die dreitägigen Warnstreiks im Sozialbereich haben begonnen. Vor der Sucht- und Drogenkoordination Wien fanden sich Dienstagfrüh Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter in neongelben und pinken Warnwesten ein. Die Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA-djp) und die Dienstleistungsgewerkschaft (Vida) hatten nach dem Scheitern der fünften Verhandlungsrunde am Sonntag zu dem Warnstreik aufgerufen.

In Wien startete der Arbeitskampf in drei Betrieben, zum Ende der Woche sollten es deutlich mehr werden. Österreichweit werden bis Donnerstag 75 Betriebe an 150 Standorten bestreikt. Daneben wird es auch Betriebsversammlungen in vielen Sozialbetrieben geben. "Da unterscheide ich nicht, für mich ist eine Betriebsversammlung genauso Teil des Arbeitskampfes wie unsere Warnstreiks", sagt Heidemarie Frühauf, Betriebsratsvositzende des Wiener Hilfswerks, bei der Auftaktkundgebung. Hohe Arbeitsbelastungen, Schichtdienst, geteilte Dienste und weniger Zeit für die Betreuten seien drängende Probleme der mobilen Hilfe, sagt sie.

Mehr Urlaub und Gehalt gefordert

Die Arbeitnehmerseite fordert Gehaltserhöhungen um mehr als drei Prozent, eine 35-Stunden-Woche und eine sechste Urlaubswoche. "Solange kein Angebot auf Arbeitgeberseite zustande kommt, das auf die Forderungen der Arbeitszeitverkürzung oder nach mehr Urlaub eingeht, gibt es keine Grundlage für eine Einigung", sagt GPA-Verhandlungsführer Reinhard Bödenauer. Von den Verbesserungen betroffen wären rund 100.000 Arbeitnehmer, darunter Pflegefachkräfte, Pflegehelfer, Sozialarbeiter und Psychologen, Heimhilfen und Angestellte in Besucherdiensten.

Warnstreiks in der Sozialwirtschaft.
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Vida-Verhandlungsführerin Michaela Guglberger war selbst jahrelang als Heimhelferin beschäftigt und gibt sich kämpferisch: "Der Sozialbereich hat ein gutes Image. Dieses muss uns als Gesellschaft aber auch etwas wert sein." Von einem guten Ruf könnten die Angestellten im Sozialbereich nicht leben, sagt Guglberger. Trotz Fachkräftemangels seien viele Stellen in der Sozialwirtschaft aufgrund der Arbeitsbedingungen wenig attraktiv.

Streiken mit Rücksicht

Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) erklärte am Dienstag: "Es muss unbedingt vermieden werden, dass die Streiks auf Kosten der Kranken und Schwachen gehen. Ich wünsche mir, dass die Verhandlungspartner vernünftig und fair aufeinander zugehen." Arbeitnehmervertreterin Guglberger weist darauf hin, dass sich alle Streikenden ihrer Verantwortung bewusst seien und Betreute nicht im Stich lassen würden. Notdienste gewährleisteten in allen Bereichen die Grundversorgung.

Vor einigen Jahren noch hätten Bedienstete der Sozialwirtschaft Streiks oft mit dem Argument abgelehnt, dass Betreute nicht eingeschränkt werden sollten, sagt Guglberger. Die Arbeitsverhältnisse hätten sich aber so weit zugespitzt und verschlechtert, dass viele sich jetzt entschieden zu streiken, um bessere Arbeitsbedingungen zu erkämpfen und damit auch die Qualität des Angebots für Patientinnen und Patienten zu erhöhen und zu sichern. Am Donnerstag wird ab 13 Uhr auf der Mariahilfer Straße demonstriert, für 18. Februar ist die nächste Verhandlungsrunde geplant. (jugi, 12.2.2019)