Knapp hundert Tage vor den Europawahlen Ende Mai wirft der Wahlkampf seine Schatten voraus. Im Zentrum der Debatte stehen aber (noch) nicht konkrete Inhalte zur Zukunft der EU – ob es mehr oder weniger gemeinschaftliche Politik etwa bei Steuern, Klimaschutz, Kriminalitätsbekämpfung, Sicherheit, Migration geben soll.

Die erste Phase der Auseinandersetzung wird vielmehr von zwei Hauptfragen überschattet: Was soll und kann die Union tun, um den Austritt der Briten nur fünfzig Tage vor den Wahlen glimpflich über die Bühne zu bringen? Und: Wie hältst du's mit dem Brexit? Vom Ausgang des Ringens um Bedingungen und Konsequenzen des Abschieds der Briten hängt nicht nur für Millionen EU-Bürger und die Wirtschaft enorm viel ab. Auch für die EU-Kandidaten und ihre Parteien steht viel auf dem Spiel.

Geht der Brexit geordnet über die Bühne, werden Wähler eher milde gestimmt sein. Gleitet er ins Chaos ab, sind Verunsicherung, Wut, Angst unvermeidbar. Wirtschaftstalfahrt und mehr Arbeitslosigkeit drohen. Daran will natürlich keiner schuld sein. Die Rache der Wähler könnte fürchterlich sein. So ist es kein Zufall, dass die FPÖ einen Haken schlägt. Noch vor drei Jahren hat sie aus der Opposition heraus mit ihren extrem rechten Fraktionsfreunden in Straßburg genüsslich den Brexit begrüßt, mit dem Öxit gespielt, den Abbau der EU beschworen. Brexit? Nie dafür gewesen, sagt sie heute. Ein durchsichtiger Schmäh. (Thomas Mayer, 12.2.2019)