Bezirkshauptmannschaft Dornbirn: Hier attackierte der Asylwerber den Bezirkshauptmann mit einem Küchenmesser. Der Beamte starb an den Folgen.

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Wien/Dornbirn – Das Gewaltverbrechen, dem vor einer Woche der Leiter der Sozialabteilung der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn zum Opfer fiel, löst nun einen Parteienstreit aus. "Ein massives Behördenversagen seitens des Innenministeriums", konstatieren die Neos.

Über den mit Aufenthaltsverbot belegten mutmaßlichen Täter, einen in Vorarlberger geborenen und aufgewachsenen türkischen Staatsbürger, hätte Schubhaft verhängt werden können, lautet die Rechtsmeinung der Pinken. Die Behörden hätten vollkommen korrekt gehandelt, kontert der Vorarlberger FPÖ-Chef Christof Bitschi und beruft sich auf Verfassungsjuristen.

Innenministerium: Keine Schubhaft möglich

In einer ersten Stellungnahme kurz nach der Tat hieß es aus dem Innenministerium, man habe den späteren Dornbirner Messerangreifer nicht in Schubhaft setzen können – obwohl er in Österreich in der Vergangenheit wegen Gewaltdelikten verurteilt worden war und unter Aufenthaltsverbot stand. Schubhaft sei nur "ein Mittel zur Durchsetzung einer aufenthaltsbeendenden Entscheidung".

Das stimmt so nicht. Eine seit September 2018 geltende Regelung im Fremdenpolizeigesetz ermöglicht vielmehr Schubhaft für Asylwerber, von denen Gefahren für Mitmenschen ausgehen, auch während des laufenden Asylverfahrens.

Frage der "Gefährdung"

Laut Paragraf 76, Absatz 2 des Fremdengesetzes geht es dabei nicht allein um die "Sicherung" des Asylverfahrens in Hinblick auf eine mögliche Ausweisung, sondern auch um die Frage, ob eine "Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung" vorliegt.

In den Erläuterungen zu der neuen Regelung wird diese "Gefährdung" konkretisiert. Laut einem Passus aus der EU-Aufnahmerichtlinie, der hier umgesetzt wurde, muss es sich um eine "tatsächliche, gegenwärtige und hinreichend erhebliche Gefahr" handeln.

"Gefährlichkeitsprognose"

"Die EU-Regeln verlangen von den Asylbehörden eine Gefährlichkeitsprognose", sagt der Obmann der Fremdenrechtsberatung Helping Hands, Peter Marhold. Im Vorfeld des Dornbirner Falls habe man das verabsäumt. Auf die Frage, ob und von wem Haftgründe geprüft wurden, konnte das Innenministerium am Dienstag keine Antwort geben. "Aufgrund der personellen Auslastung" bitte man um Geduld, hieß es.

Unterdessen wird in Vorarlberg deftig gestritten. Bitschi wirft der Volkspartei, die schärfere Gesetze fordert, Scheinheiligkeit vor. Die VP wiederum unterstellt der FPÖ, den sicherheitspolitischen Konsens in Vorarlberg zu gefährden. Die FPÖ will nun mit Landtagsanträgen zur Verschärfung des Asylrechts und zur von Innenminister Kickl forcierten "Haft in der Heimat" die Volkspartei "auf die Nagelprobe stellen". (Jutta Berger, Irene Brickner, 13.2.2019)