Wien – Kevin A. bietet dem Schöffensenat unter Vorsitz von Martina Frank ein eher ungewöhnliches Motiv für seine illegalen Tätigkeiten. "Ich wollte beweisen, dass ich auch so sein kann wie die Großen", verrät der 17-Jährige, der eine Körperlänge von höchstens 150 Zentimetern aufweist. "Aber nicht jeder Große macht einen Raub. Und größer sind Sie auch nicht geworden", merkt Frank dazu an. "Ja", stimmt ihr der Angeklagte zu.

Verteidiger Philipp Wolm bricht im Eröffnungsplädoyer eine Lanze für seinen Mandanten. "Er ist unbescholten, in besten Verhältnissen aufgewachsen. Eigentlich passt alles." Nach dem Abbruch einer Lehre sei A. dann aber ohne Job gewesen. "Die Arbeitslosigkeit macht kreativ. Der Tag ist lang, es ist langweilig", skizziert Wolm, warum A. an drei aufeinanderfolgenden Tagen delinquent wurde.

"Eine Woche vorher habe ich die falschen Freunde kennengelernt", erinnert sich der Angeklagte. Am 7. Juli war er mit zwei von diesen in einem Park in Wien-Penzing. Auf einer Bank saßen ein weiterer Freund und dessen Bekannter, Raubopfer M. aus Niederösterreich, dessen Vorname ein humanistisch gebildetes Elternhaus verrät.

Zwei E-Zigaretten und 50 Euro als Beute

M., ebenfalls 17 Jahre alt, konsumierte eine E-Shisha, A. wollte die auch probieren. Nach dem Test gab er sie allerdings nicht zurück. "Die Freunde sagten: 'Komm, nehmen wir ihm alles weg!'", rekapituliert der Teenager. "Gib mir, sonst schlag ich dich!", habe er M. gedroht, anschließend sei das Opfer von den Freunden durchsucht worden. Zum Vorschein kamen schließlich noch eine E-Zigarette und 50 Euro Bargeld.

"Geh nicht zur Polizei, sonst fick ich dich!", habe er am Ende M. noch eindringlich gesagt, gibt A. zu. Ebenso, dass er den Beischlaf mit M.s Mutter vollziehen werde, wobei er ihr indirekt eine Tätigkeit als Prostituierte unterstellte, da M. der Sohn einer solchen sei.

Am nächsten Tag kam es zum Whatsapp-Kontakt zwischen dem Opfer und A., diesmal ging es nicht um die Abstammung, sondern um die sexuelle Orientierung von M. – samt der neuerlichen Drohung, zur Polizei zu gehen. Am übernächsten Tag war A. bei einem Freund, nahm dessen Bankomatkarte, deren Code er von früherer Gelegenheit wusste, und hob insgesamt 210 Euro ab.

Beute im Prater verjuxt

"Das ist aber auch nicht nobel. Warum haben Sie das gemacht?", will die Vorsitzende wissen. "Ehrlich, ich weiß es nicht." – "Wie ist denn jetzt die Freundschaft mit dem Besitzer der Karte?" – "Nicht so gut." – "Kann ich mir vorstellen." Staatsanwalt Christoph Wancata will vom Angeklagten die Namen der beiden Begleiter wissen, die nicht nur bei dem Raub dabei gewesen sind, sondern auch die Beute des Kartendiebstahls mit ihm im Prater verjuxt haben. A. will keine Auskunft geben. "Ich verrate keine Freunde", begründet er dies.

Verteidiger Wolm weist darauf hin, dass der Jugendliche sich mittlerweile wieder erfangen habe und bald eine neue Lehre beginnt. Auch die Geldforderungen der Opfer würden beglichen werden, verspricht der Rechtsanwalt.

Bei einem Strafrahmen bis zu fünf Jahren sieht der Senat keinen Grund, A. die Zukunft zu verbauen. Er wird zu – im Strafregisterauszug nicht aufscheinenden – sechs Monaten bedingt verurteilt, zusätzlich muss er ein Anti-Gewalt-Training absolvieren und bekommt Bewährungshilfe. "Ich hoffe, Sie hier nie mehr zu sehen", gibt ihm Frank noch auf den Weg. (Michael Möseneder, 13.2.2019)