Wien – Das Jahr 2018 war für die Wiener Linien neuerlich eines der Rekorde: Knapp 966 Millionen Fahrgäste wurden in den Wiener Öffis vergangenes Jahr gezählt – das ist ein leichtes Plus gegenüber dem Vorjahr und damit die fünfte Steigerung in Folge. Im vergangenen Jahr gab es mit 822.000 Jahreskartenbesitzern außerdem so viele wie noch nie.
Allerdings wurden auch wieder mehr Wege mit dem Auto zurückgelegt: Der Anteil des Autoverkehrs stieg im Vergleich zum Vorjahr von 27 auf 29 Prozent. Das zeigt der Modal Split – eine Erhebung darüber, mit welchen Mitteln sich die Bevölkerung fortbewegt. Der Anteil der Fußwege sank von 28 auf 26 Prozent, gleich blieb der Radanteil (sieben Prozent). Der Anteil der öffentlichen Verkehrsmittel lag bei 38 Prozent und hat sich seit 2012 kaum verändert.
Weniger Autos im Ersten
Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) nimmt diese Zahlen zum Anlass, um erneut ihre Forderung nach einer Citymaut zu bekräftigen – mit dieser solle die "Blechlawine von außen" gestoppt werden. Für das Modell einer Citymaut gibt es verschiedene Varianten. Aus dem Büro der Verkehrsstadträtin heißt es, dass die wirksamste Variante jene wäre, bei der Autofahrer "an der Stadtgrenze" zur Kasse gebeten werden. Der rote Koalitionspartner zeigte sich dieser Idee gegenüber bisher verhalten.
Aufhorchen ließ Vassilakou außerdem mit der Aussage, dass der erste Bezirk bald eine "Pionierrolle" übernehmen könnte, was das Zurückdrängen der Autos betrifft: Gemeinsam mit der Stadt diskutiere der Bezirk derzeit, wie der Autoverkehr von außerhalb drastisch reduziert werden könne. Das Ganze geschehe "ohne Denkverbote" – Überlegungen würden bis zu Fahrverboten für Nichtanwohner gehen. Diese Diskussion findet im Rahmen einer Arbeitsgruppe statt, die der Bezirk vergangenen Herbst einberufen hat. Dort soll ein umfassendes Verkehrskonzept für den Ersten erarbeitet werden. Auch Experten des Magistrats und der Polizei sollen hinzugezogen werden.
Zwar habe er tatsächlich gesagt, dass es bei dieser Diskussion keine Denkverbote geben soll, sagt Bezirksvorsteher Markus Figl (ÖVP) in Hinblick auf die Idee der Fahrverbote. Man habe aber noch große Punkte – etwa die Bürgerbeteiligung – vor sich, weswegen es zu früh sei, von möglichen Ergebnissen zu sprechen. Das letzte Wort sollen die Bewohner in Form einer Befragung haben. Es sei noch "alles offen", sagt auch ein Vassilakou-Sprecher dem STANDARD. Das Fahrverbot für Nichtanrainer sei jedenfalls "ein Mittel, das in vielen Großstädten für ihr historisches Zentrum angewendet wird".
Das Jahr der Straßenbahnen
Was hingegen die Wiener Öffis betrifft, soll 2019 das "Jahr der Straßenbahnen" werden, kündigte die zuständige Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) an. So bekommt etwa der D-Wagen zwei neue Stationen, das Nordbahnviertel soll durch eine Verlängerung der Linie O erschlossen werden.
Die neue Linie elf soll Simmering mit Kaiserebersdorf verbinden. Sie fährt ab Herbst zwischen Otto-Probst-Platz und Kaiserebersdorf und übernimmt einen guten Teil des bisherigen 6ers. Dieser wird gekürzt und erhält – nach längeren Diskussionen – eine neue Umkehrschleife bei der Geiereckstraße in Simmering statt in Favoriten. Simmerings Bezirksvorsteher Paul Stadler (FPÖ) zeigte sich gegenüber den Plänen zuletzt ablehnend. Sima stellte am Mittwoch klar, dass sie sich um gutes Einvernehmen bemühe, den Bezirk notfalls aber "overrulen" werde – sprich: Die geplante Schleife kommt in jedem Fall.
435 Millionen Euro an Investitionen
Eine Premiere wird es auch für den autonom fahrenden Bus in der Seestadt geben, der ab dem Frühjahr mit Fahrgästen unterwegs sein wird. 435 Millionen Euro werden heuer insgesamt investiert, wobei der größte Anteil (162 Millionen) den Ausbau des U-Bahn-Netzes betrifft, immerhin 74 Millionen entfallen auf die Anschaffung neuer Fahrzeuge.
Neben dem Weiterbau am U2/U5-Linienkreuz und diversen Erneuerungen und Sanierungen kündigte Wiener Linien-Geschäftsführer Günter Steinbauer Neuanschaffungen für den Fuhrpark an. Zu den zwei schon fahrenden werden heuer 16 weitere Flexity-Bims angeschafft. Sie werden auf den Linien 6, 67 und 71 eingesetzt. Die Umstellung der Busflotte auf Dieselantrieb soll ebenfalls heuer abgeschlossen werden.
Dazu kommt das Vorhaben, neben den City-Linien 2A und 3A auch den 4A bald auf Elektrobetrieb umzustellen. Dabei handelt es sich erstmals nicht um Klein-, sondern um Zwölf-Meter-Busse. "Wir würden das gern schon kaufen, aber da ist die Industrie noch gefordert", zeigte sich Steinbauer noch unzufrieden mit den derzeit am Markt verfügbaren Modellen. 2020 soll es aber so weit sein.
Weiter unklar ist, wie der 13A in den kommenden Jahren unterwegs sein wird. Er muss wegen der U2-Bauarbeiten im Bereich Kirchengasse/Mariahilfer Straße umgeleitet werden. Bisher sind sich der Bezirk Neubau und die Wiener Linien nicht einig. Steinbauer sprach am Mittwoch davon, dass man einer Lösung schon recht nahe sei. In sechs bis acht Wochen werde es Klarheit geben. Welche Variante die wahrscheinlichste ist, wollte er nicht sagen.
Zufrieden mit Essverbot
Zufrieden ist Sima mit dem im Jänner eingeführten Essverbot auf allen U-Bahn-Linien: Der dadurch entstandene "soziale Druck" führe zu mehr Rücksichtnahme. 58 Personen, die sich nicht daran hielten, seien bisher auf das Verbot hingewiesen worden. Pläne für eine Ausweitung auf Straßenbahnen und Busse gebe es derzeit nicht. (Vanessa Gaigg, APA, 14.2.2019)