Die Attraktivität neuer Automobilmodelle wird immer stärker von Software und digitalen Dienstleistungen bestimmt. Kfz-Produzenten kaufen diese vielfach über M&A-Transaktionen ein.

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Digitale Technologien transformieren jeden Industriesektor. So setzen Energieanbieter auf Smart Meter, um Abrechnung und Netzwerkauslastung an Angebot und Nachfrage anzupassen. Die Finanzbranche nutzt Algorithmen, um Wertpapiere in Sekundenbruchteilen zu handeln. Traditionelle Autohersteller konkurrieren bei der Entwicklung von autonom fahrenden Autos mit kalifornischen Start-ups.

Diese technische und wirtschaftliche Entwicklung hat den Charakter der Fusionen und Unternehmenskäufe radikal verändert. Vor zwanzig Jahren war nur ein Viertel der globalen M&A-Aktivitäten international – und 58 Prozent aller Deals fanden im selben Sektor statt. Heute finden mehr als siebzig Prozent der globalen M&A-Aktivitäten grenz- und sektorübergreifend statt.

Diese Entwicklung wird wie viele andere auch von der Digitalisierung getrieben. Diese schafft neue Wertschöpfungsquellen. Unter Einsatz digitaler Technologien entsteht eine Datenflut, die es möglichst effizient zu nutzen bzw. überhaupt erst zu fassen gilt. Mittels Analytic Tools, Artificial Intelligence und Big-Data-Applications können interne Effizienzen gehoben und innovative Anwendungen geschaffen werden.

Neue Technologien ermöglichen den direkteren Austausch mit Kunden und Geschäftspartnern und damit die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle. Statische Produkte werden in dynamische Dienstleistungspakete transformiert. Beispielsweise kann der Kunde zu jeder Zeit neue Funktionen für sein Auto über den eingebauten App Store erwerben und etwa die Sitzheizung als Zusatzleistung nur für den Winter abonnieren. Um diese neuen Wertschöpfungsquellen zu erschließen, sind Menschen mit zeitgemäßen und vielseitigen Fähigkeiten essenziell.

Klassische Industrieunternehmen tun sich oft schwer, solche Technologien selbst und insbesondere in der nötigen Geschwindigkeit zu entwickeln. Stattdessen werden sie durch M&A-Transaktionen zugekauft. Siebzig Prozent der Tech-Transaktionen führen traditionelle Unternehmen durch. Doch damit die Käufer den erhofften Technologieschub sichern und maximieren, müssen sie mehrere Aspekte beachten.

Monetarisierung von Daten

Datengetriebene Akquisitionen stehen bei digitalem M&A im Vordergrund. Dabei geht es vor allem darum, wie Daten im Unternehmen genutzt und monetarisiert werden können. Eine Voraussetzung für die kommerzielle Nutzbarkeit der Daten ist die Einhaltung der immer strenger werdenden Datenschutzregime.

Durch die Datenschutzgrundverordnung geraten insbesondere digitale Geschäftsmodelle unter Druck: So wurde Google kürzlich in Frankreich wegen Verstößen gegen die DSGVO zu einer Millionenstrafe verurteilt. Wesentlich für die Verwertung sind außerdem die Rechte an Daten. In den meisten Jurisdiktionen gibt es kein absolutes Schutzrecht wie etwa Eigentum an Daten, was die vertragliche Absicherung umso wichtiger macht.

Bei jungen Unternehmen, die im Rahmen von M&A-Transaktionen übernommen werden sollen, ergibt sich der Wert oft zu einem großen Teil aus der Innovationskraft der Gründer und bestimmter Mitarbeiter. Bei solchen Transaktionen müssen daher Anreize geschaffen werden, dass diese Schlüsselkräfte im Unternehmen gehalten und in eine größere Struktur mit langsameren Prozessen integriert werden können. Mit klaren Regeln kann der Käufer die Entstehung einer gemeinsamen Unternehmenskultur fördern.

Behörden greifen ein

Vor dem Hintergrund digitaler Technologien stehen Wettbewerbsbehörden zunehmend unter Druck, die Auswirkung großer IT-Unternehmen auf den Markt zu überwachen. Neunzig Prozent der heute vorhandenen digitalen Daten wurden in den letzten zwei Jahren erzeugt. Die Konzentration von Datenmengen in einer Hand, etwa durch Fusion großer Datenbestände im Zuge von M&A Transaktionen kann Bedenken der Wettbewerbsbehörden auslösen.

Im erstarkenden Protektionismus greifen Behörden und Regierungen verstärkt auch in internationale Unternehmenskäufe ein, insbesondere wenn die Kontrolle über kritische Ressourcen in Drittländer zu wandern droht.

Die Digitalisierung eröffnet auch der Beraterseite neue Möglichkeiten. Ausgerichtet auf den besonderen Fokus des Käufers kann mit innovativen Tech-Tools – z. B. Machine-Learning oder AI-Analytics – schon zu einem frühen Zeitpunkt ("Front-Loading") ein informiertes Bild über preisrelevante Aspekte generiert werden. In permanenter Abstimmung mit dem Mandanten wird der Fokus der Prüfung angepasst und die identifizierten Risiken diskutiert.

Verstärkt wird die direkte Zusammenarbeit mit Experten wie Cyberforensikern gesucht. Schließlich können identifizierte Risikofaktoren laufend bei den Preisverhandlungen und im Kaufvertrag als Absicherungen berücksichtigt werden. Damit werden aus den beschriebenen Risiken Wertschöpfungsquellen. (Lukas Treichl, Maria Tumpel, 14.2.2019)