Moser: Hösele hätte sich genauer mit dem türkisen Koalitionspartner beschäftigen sollen.

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Hier wird ein junger Mann, der Detailfragen gemeinhin aus dem Weg geht, was offenbar schon zur Kanzlerqualifikation reicht, zur "instinkt- und zielsicheren" politischen Lichtfigur erhoben. Danke. Die letzte "Lichtfigur", an die ich mich erinnere, hieß Jörg Haider. Dass Macron, Trump und die zwischen Populismus und Faschismus schwankende italienische Regierung auch noch in der Höseleschen Kurz-Eloge erwähnt wird, macht die ganze Angelegenheit nur noch unappetitlicher. Besonders schlau meint der ehemals schwarze und nun offensichtlich türkise Ex-Politiker zu sein, wenn er auch noch Rosen auf seinen rhetorischen Misthaufen streut: für Rauscher, die Zivilgesellschaft, Qualitätsmedien und Gewaltenteilung. Geschenkt.

Es wäre sinnvoller gewesen, er hätte sich genauer mit dem türkisen Koalitionspartner und dessen immer wieder hochkommenden braunen Bodensatz beschäftigt. Mit ministeriellen Ausritten gegen Rechtsstaatlichkeit und internationale Konventionen, mit Regierungskontakten zu Gruppierungen, die ihre Identität dem Rechtsextremismus, wenn nicht noch Schlimmerem verdanken. Und um wieder ins Türkise zurückzukehren: mit einer Politik, die man getrost als Sozialdarwinismus bezeichnen kann.

Zugegebenermaßen tue ich mir als Demokrat mit dem Begriff der "illiberalen Demokratie" schwer. Gemeint sind hier wohl Diktaturen, die sich noch einen letzten Rest von Verfassung und Rechtsstaatlichkeit als Feigenblatt umbinden. Derer gibt es rund um Österreich genug. Dass sich die "instinkt- und zielsichere" heimische Regierung gerne an jenen orientiert (Visegrád!) ist kein Geheimnis. Wenn Hösele all das unter einer "vitalisierten Demokratie" versteht (brutales Blockdenken, wilder Postenschacher und inhumane Ausgrenzung inklusive), dann lebt er womöglich nicht nur in einem anderen Land oder auf einem anderen Planeten, sondern überhaupt in einem Paralleluniversum. (Gerhard Moser, 13.2.2019)