Eine Visualisierung der Gondelbahn auf den rund 750 Meter hohen Plabutsch im westlichen Grazer Bergland.

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Graz – Die Grazer Stadtkoalition unter Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) und seinem Stellvertreter Mario Eustacchio (FPÖ) haben eine Volksbefragung über die geplante Plabutschgondel beschlossen: Sobald alle technischen Planungen und Genehmigungen vorliegen, sollen die Grazer über das Millionen-Projekt abstimmen. Der Urnengang könnte im ersten Quartal 2020 stattfinden.

Nagl erklärte, dass das Ergebnis der Befragung ab einer Mindestbeteiligung für ÖVP und FPÖ bindend sein werde. Wie viele Prozent es sein werden, müsse noch geklärt werden. Der Bürgermeister stelle sich aber 30 Prozent vor – ob das der Anteil der Bevölkerung oder der Stimmberechtigten sein wird, ist ebenfalls noch offen, soll aber noch rechtzeitig kommuniziert werden. Eine hohe Beteiligung an der Befragung sei jedenfalls das Ziel. Nagl wolle auch noch mit dem Gesetzgeber im Land sprechen, um möglicherweise eine Änderung zugunsten der Möglichkeit einer Online-Befragung zu erwirken.

"Nicht schlecht machen lassen"

Nagl sagte bei der Pressekonferenz am Donnerstag: "Wir haben uns in der Koalition darauf geeinigt, eine Bürgerbefragung zuzulassen." Konkret wolle man diese selbst initiieren. Ein Sammeln von Unterschriften durch die Opposition, die sich geschlossen für eine Volksbefragung ausgesprochen hatte, ist damit nicht nötig. Der Bürgermeister wolle sich das Projekt nicht schlecht machen lassen.

Der Grazer ÖVP-Chef meinte weiter: "Ich gebe dem Druck gerne nach, weil die linken Parteien der Bevölkerung Ammenmärchen erzählen." Es würden Ideen nur zerstört und keine Vorschläge kommen. Er zeigte sich überzeugt, dass die Mehrheit der Bevölkerung für das Projekt sein werde. Vizebürgermeister Mario Eustacchio ergänzte: "Die Opposition will den Naturraum Plabutsch, aber wie kommen ältere Menschen oder Kleinkinder hinauf? Wir hören nur 'Njet'."

Derzeit kann der Plabutsch im Grazer Westen mit seinem Fürstenstand im Gipfelbereich zu Fuß erreicht werden – oder mit Fahrzeugen, wobei die Zufahrtsstraßen äußerst schmal sind. Der Thalersee auf der anderen Seite des Plabutsch wird derzeit meist mit dem Auto angefahren. Künftig soll er durch die Gondel zu erreichen sein. Pendler aus Thal könnten die Gondel ebenfalls nutzen und in Graz direkt in den öffentlichen Verkehr einsteigen, unterstrich Nagl.

Detailplanungen und Kosten bis Jahresende

Noch Ende März sollen die Anträge für ein UVP-Feststellungsverfahren eingebracht werden. Im Juni könne dann schon feststehen, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung nötig ist oder Einzelgenehmigungen eingeholt werden müssen. Bis Ende 2019 – so der Plan – sollen alle Unterlagen sowie Detailkostenplanungen vorliegen und eine Volksbefragung im ersten Quartal 2020 ermöglichen. Läuft alles nach Plan, könnte die Gondel 2022 fertig sein und in Betrieb gehen. Die Planungskosten belaufen sich auf rund 500.000 Euro. Die Volksbefragung wird etwa 50.000 Euro, die Gondel selbst 35 bis 40 Millionen Euro kosten.

Wie die Fragestellung lauten wird, war noch nicht klar, werde nun aber mit den Experten geklärt. Nagl überlegt auch, andere Themen gleich mitabzufragen. Welche das sein könnten, ließ er am Donnerstag offen. Parallel werde auch ein Bürgerbeteiligungsverfahren aufgestellt: Man wolle das Projekt mit der Bevölkerung diskutieren und weiterentwickeln. Beispielsweise könnten der Ausbau der Wander- und Spazierwege, die Gestaltung des Uferbereiches des Thalersees oder weitere Sport- und Freizeitangebote in dem Prozess ausgearbeitet werden.

Um die Beteiligung an der Volksbefragung zu erhöhen, soll das Land Steiermark per Petition in einer der kommenden Gemeinderatssitzungen um eine Novellierung und "zeitgemäße Anpassung" des bestehenden Volksrechtegesetzes ersucht werden.

Thalersee soll attraktiver werden

Von der Befragung unberührt bleiben die Pläne für die Attraktivierung des Thalersees und seines Uferbereiches: Die Entwicklung und Sanierung des Restaurants, der Ankauf von Wald- und Grünflächen am Plabutsch und der Ankauf des Vincke Natursteinbruches werden ebenfalls weiter vorangetrieben.

Die neue Grüne Umweltstadträtin Judith Schwentner freute sich über die Ankündigung der Volksabstimmung: "Es ist vernünftig, dass Schwarz-Blau nun eingelenkt und den Weg für eine Volksbefragung freigemacht hat. Wir erwarten uns eine objektive Fragestellung und eine umfassende und transparente Information für die Bevölkerung." Die Festlegung einer Mindestbeteiligung für die Verbindlichkeit des Ergebnisses sehen die Grünen jedoch demokratiepolitisch kritisch: "Wer sich an einer Volksbefragung beteiligt, hat das Recht ernst genommen zu werden", so Schwentner.

Die KPÖ-Stadträtin Elke Kahr meinte: "Es ist gut, dass ÖVP und FPÖ eingesehen haben, dass es wichtig ist, die Bevölkerung bei diesem Großprojekt von Anfang an einzubinden. Der Einsatz der KPÖ, dass nicht über die Bevölkerung drübergefahren wird, hat sich als richtig herausgestellt. Man sieht nun, dass der Druck der Bevölkerung was bewegen kann." Skeptisch sei Kahr jedoch was den Termin der Volksbefragung betrifft.

KPÖ will Volksbefragung heuer

"Was spricht eigentlich dagegen die Bevölkerung in diesem Jahr zu befragen und nicht erst 2020? Bis dahin werden wichtige Beschlüsse zur Gondel im Gemeinderat gefällt werden. Außerdem könnte man sich die Planungskosten von 500.000 Euro und Verfahrenskosten von 70.000 Euro, welche bis zur Volksbefragung anfallen, ersparen."

Die Kommunisten betonten, dass sie sich "für eine Attraktivierung des Thalersees sowie des Plabutsch" einsetzen. Bessere Beschilderungen bei Wanderwegen, mehr Sitzmöglichkeiten sowie Kinderspielplätze sollen den Plabutsch "zum Familienberg und nicht zum Eventberg machen". Bei einer Zehner-Gondel, die 1.300 Menschen pro Stunde hinaufkarren könne, werde von Naherholung und Natur wenig zu spüren sein, meinte Kahr.

NEOS-Gemeinderat Niko Swatek forderte die Offenlegung der Machbarkeitsstudie: "Graz muss den Fake News den Kampf ansagen und den Bürgern alle Informationen offen legen." Die Befragung selbst sei "wichtig und richtig". Das Land Steiermark und die Stadt Graz müssen seiner Ansicht nach gemeinsam einen Plan entwickeln, "wie eine verpflichtende Bereitstellung einer Informationsbroschüre zur Information der Bürger möglich und umsetzbar wäre." In der Schweiz sei es bereits seit 1977 selbstverständlich, zu jeder Volksbefragung ein Abstimmungsbüchlein zu erarbeiten und den Bürgern zur Verfügung zu stellen. (APA. 14.2.2019)