Kompaktere Grundrisse und multifunktionale Nutzungen der Räume: Wie die Menschen in Zukunft wohnen sollen, beschäftigt die Immobilienbranche.

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Kleiner werden nur die Wohnungen – und nicht die damit einhergehenden Herausforderungen für die Immobilienbranche. Das wurde bei der Fachveranstaltung Immobilienforum, die vor wenigen Tagen in Wien stattfand, deutlich. Der Zuzug in Städte wird auch in Zukunft anhalten, der Platz noch knapper und damit teurer werden. Daher sind kreative Herangehensweisen gefragt.

Solche fehlen so manchem Teilnehmer in Wien aber noch. Ein Stein des Anstoßes war bei einer Podiumsdiskussion beispielsweise die neue Wiener Bauordnung. Dass die Mindestwohnungsgröße von 30 Quadratmetern bei der Novellierung am Ende doch nicht angetastet wurde – in einem ersten Entwurf war noch von einem Herabsetzen der Mindestgröße auf 25 Quadratmeter die Rede -, findet Peter Oberlechner, Immobilien- und Baurechtsexperte bei Wolf Theiss, nicht mehr zeitgemäß: "Das verhindert Wohnformen, die international Standard sind."

Hongkong und New York

In Metropolen wie Hongkong und New York sind sogenannte Mikrowohnungen nämlich schon im Wohnalltag angekommen, sie werden nun aber auch in Wien immer mehr zum Thema. Dabei ist gute Planung gefragt. "Wir müssen kompakt und multifunktional planen", erläuterte Sabine Müller von der Value One Holding AG. Ein Beispiel: Die Küche wird in modernen Wohnungen auch zum Home-Office, zum Kinderspielraum und für die Bewirtung von Gästen verwendet.

Michaela Mischek-Lainer von 6B47 glaubt überhaupt an ein Auflösen der strengen Kategorien, in denen derzeit noch gedacht wird: "Ich glaube, vielen Menschen ist es egal, ob sie in der Assetklasse Hotel oder in einer Wohnung leben." Ihr fehlen am Markt aber noch Wohnkonzepte für junge Menschen, die von den hohen Immobilienpreisen besonders betroffen sind.

Trends wie die zunehmende Individualisierung, die gleichzeitig allerdings mit einem steigenden Bedürfnis nach Gemeinschaft einhergeht, werden für Bauträger zum Thema, so Müller: "Denn die Räume, die wir schaffen, haben eine Wirkung. Sie lösen ein Gefühl aus und beeinflussen unsere Entscheidungen."

Digitale oder analoge Gemeinschaft

Die Gemeinschaft könne der Immobilienentwickler entweder in Form von Gemeinschaftsflächen realisieren; beliebt sind beispielsweise Dachterrassen und Gemeinschaftsküchen. Aber auch digitale Lösungen können Gemeinschaft stiften, ist Müller überzeugt: "Wir sind gerade beim Prüfen von Community-Apps."

Michaela Mischek-Lainer zeigte sich aber skeptisch, ob die digitale Moderation von Bauträgern am Ende von den Bewohnern auch angenommen wird – und nicht doch auf eine Facebook-Gruppe nur für Bewohner ausgewichen wird.

Auch die Digitalisierung wird das Wohnen verändern, war man sich einig: Sabine Müller glaubt aber nicht, dass die Wohnung wie in einem Science-Fiction-Film aussehen wird, sondern "unaufdringlich". Mischek-Lainer rechnet außerdem mit einer digitalen Revolution am Bau: Sie verglich den zu erwartenden Entwicklungsschritt mit jenem vom Telefon der 1960er-Jahre zum Smartphone – etwa, was Vorfertigungen, aber auch Baustoffe angeht.

Erzwungene Durchmischung

Man dürfe das Wohnen nicht isoliert betrachten, sondern nur in Bezug auf die jeweilige Zielgruppe, betonte Müller: "Dann hat man am Ende vielleicht eine Kombination aus Wohnen und Mobilität." Für ein entsprechendes Wohnprodukt befinde sich ihr Unternehmen gerade auf Grundstückssuche.

Rechtsanwalt Peter Oberlechner kritisierte noch zwei weitere Neuerungen der Wiener Bauordnung, nämlich die Widmungskategorie geförderter Wohnbau und die erschwerten Abbrüche alter Gebäude. "Beides sehe ich als Ausdruck einer Hilflosigkeit", so Oberlechner, der sich stattdessen ein Gesamtkonzept wünscht.

"Ich bin hier eine Spielverderberin", meinte hingegen Mischek-Lainer, die die Bauordnungsnovelle "extrem gut" findet. Es sei nämlich für private Wohnbauträger und Gemeinnützige auf Dauer gut, zur Durchmischung gezwungen zu werden. (zof, 14.2.2019)