Außer Kraft gesetzt – und zwar gründlich: Schengenvisum der türkischen Künstlerin.

Foto: privat

Wien – Ihren letzten Termin bei der Fremdenpolizei wird die türkische Künstlerin Dilruba Balak (30) so schnell nicht vergessen. Über den Gesprächsverlauf existiert von Polizeiseite nur eine nüchterne Niederschrift. Aber es gibt ein Endergebnis: Im Reisepass der jungen Frau prangt seit 2. Jänner ein mit Kuli bekritzeltes und damit annulliertes Schengenvisum – ausgestellt vom niederländischen Generalkonsulat in Istanbul, ungültig gemacht in der Wiener Abteilung Fremdenpolizei und Anhaltevollzug (Afa).

Übermalt wurden dabei nicht nur die Visacodes, wie es im Fall einer Ungültigmachung schengenweit üblich ist. Auch das Foto von Balaks Gesicht wurde mit heftigen Strichen unkenntlich gemacht.

Fälschung vermutet

"Heutzutage ist ein jeder ein Künstler": So habe die auf Englisch geführte Befragung am 2. Jänner begonnen, zu der Balak eine Rechtsanwältin mitnahm – erzählt die junge Frau. Das Visum, das sie zwischen 16. November 2018 bis 16. November 2019 zu je bis zu 90-tägigen Aufenthalten im Schengenraum – also auch in Österreich – berechtigte, sei eine Fälschung.

Die türkisch-holländische Videoinstallation, weswegen es beantragt und bewilligt worden war, existiere nicht. Ein Schreiben des Istanbuler Art Projects vom 28. Dezember, das dem widersprach, überzeugte die Fremdenpolizisten nicht.

"Deal with it"

"Dann hat mich der zuständige Amtsassistent raus auf den Gang geschickt und mich eine Stunde warten lassen", schildert Balak: "Und als ich wieder eintreten durfte, wollte er meinen Pass haben." Der Mann habe den Kuli gezückt und drauflosgekratzt – und ihr das zerstörte Visum überreicht. Sein Kommentar: "Deal with it" ("Komm damit klar").

Damit, mit dem "Klarkommen", ist die Türkin seitdem beschäftigt. Das annullierte Visum machte sie zur Illegalen. Ihren Plan, in Sachen Kunstprojekt nach Amsterdam zu reisen, musste sie aufgeben. Stattdessen kehrte sie nach Istanbul zurück, um das niederländische Visum von dort aus neu zu beantragen.

Zunehmende Beschränkungen

Auch ihr nach erfolgreicher Aufnahmeprüfung ab Wintersemester 2018/19 zugelassenes Studium an der Universität für angewandte Kunst in Wien kann Balak nicht beginnen. Ihr Antrag für ein Studentenvisum liegt aufgrund der Visumsannullierung, gegen die sie beim Bundesverwaltungsgericht berufen hat, auf Eis.

Bei der Beratungsstelle Helping Hands der Österreichischen Hochschülerschaft sagt Obmann Peter Marhold, der "letzte liberale Zugang zu Aufenthaltsbewilligungen in Österreich, jene für Künstler und Studierende", werde de facto zunehmend beschränkt. (Irene Brickner, 15.2.2019)