Thomas Drozda ätzt über FPÖ-Chef Heinz-Christian strache: "Ich weiß nicht, ob man Straches Papamonat in Tagen oder Stunden misst. Er war ja omnipräsent – und auf Skiurlaub auch noch."

Foto: Corn

Drozda auf die Frage, Warum Parteichefin Rendi-Wagner nicht zum Parteitag nach Tirol fährt: "Jetzt wärmen Sie diese Diskussion wieder auf? das finde ich kleinlich."

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Die Novelle des Ökostrom-Gesetzes ist am Donnerstag im Bundesrat gescheitert. Die SPÖ blieb in der Abstimmung bei ihrer Ablehnung und verhinderte damit die Zweidrittelmehrheit, die für die Annahme dieses Gesetzes nötig gewesen wäre. Damit hat die Länderkammer erstmals in ihrer Geschichte ein Gesetz zu Fall gebracht.

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda droht der Regierung im Interview mit dem STANDARD, weitere Gesetzesvorhaben im Bundesrat zu blockieren. Derzeit sei man etwa mit Reformminister Josef Moser in Verhandlungen über mehrere Gesetzesvorhaben, die Bund- und Länderkompetenzen betreffen. Sollte es da keine Einigung geben, sei eine Blockade möglich. Die SPÖ möchte jedenfalls erreichen, von der Regierung bei Zweidrittelmaterien wieder in Verhandlungen eingebunden zu werden.

SPÖ-Manager Drozda lädt die Koalitionsparteien "herzlich" ein, nächste Woche die Verhandlungen über einen neuen, gemeinsamen Entwurf für eine Ökostrom-Novelle aufzunehmen. Dass 150 Millionen Euro freihändig für 47 Biomasseanlagen vergeben würden, sei für die SPÖ aber nicht akzeptabel.

STANDARD: Eine beliebte Frage: Was macht eigentlich die SPÖ?

Drozda: Wir arbeiten unsere Themen ab. Wohnen, wir haben ein Pflegekonzept präsentiert, da präferieren wir im Gegensatz zur Regierung ein steuerfinanziertes System. Wir haben ein umfangreiches Konzept für eine Steuerreform, das eine unmittelbare Entlastung von fast sieben Milliarden vorgesehen hätte. Wir haben auch das Thema Ärztemangel auf die Tagesordnung gebracht. Es gibt also genug Themen.

STANDARD: Am Donnerstag hat die SPÖ das Ökostromgesetz im Bundesrat zu Fall gebracht. Ist eine solche Totalblockade sinnvoll?

Drozda: Da war ein Blankoscheck von 150 Millionen Euro vorgesehen. Da geht es um eine Sonderförderung für 47 Biomasseanlagen auf Kosten der ungefragten Stromkunden.

STANDARD: Da werden auch SPÖ-geführte Gemeinden betroffen sein.

Drozda: Das ist kein SPÖ-versus-ÖVP-Thema. Da muss man eine sachlich richtige Lösung finden. Wir sind nicht gegen Ökostrom, aber dagegen, 150 Millionen Euro freihändig an 47 Betriebe auszuschütten. Die ÖVP macht eine geheime Staatsaffäre daraus und verrät nicht, wer die Millionen bekommt. Die ÖVP redet von Transparenzdatenbanken, wenn es dann um Förderungen in dieser Höhe geht, wollen sie keine Transparenz. Das geht einfach nicht.

STANDARD: Wie geht das weiter?

Drozda: Wir haben einen Plan vorgelegt, die ÖVP ist herzlich eingeladen, mit uns nächste Woche in Verhandlungen zu treten. Wir können einen neuen Gesetzesvorschlag ausarbeiten. Die Fördernehmer sind jedenfalls öffentlich zu machen. Eine Beschlussfassung mit uns ist möglich. Wenn ich eine Verfassungsmehrheit brauche, muss ich mit dem Verfassungsgesetzgeber auch reden.

STANDARD: Ist es denkbar, dass die SPÖ über den Bundesrat auch andere Gesetze blockiert?

Drozda: Selbstverständlich. Um Mehrheiten muss man sich bemühen. Ich habe als Verfassungsminister immer das Gespräch mit der Opposition gesucht. Das ist eine parlamentarische Selbstverständlichkeit. Wir sind derzeit mit Minister Josef Moser über mehrere Gesetzesvorhaben, die Bund- und Länderkompetenzen betreffen, im Gespräch.

STANDARD: Was könnten denn die nächsten Themen sein, die die SPÖ über den Bundesrat blockiert?

Drozda: Diese Frage werde ich beantworten, wenn es so weit ist. Dort, wo die Regierung keine Verfassungsmehrheit braucht, macht sie ohnehin, was sie will. Dort, wo sie die Verfassungsmehrheit braucht, wird sie uns einbinden müssen.

STANDARD: Die Regierung deckt im Augenblick sehr viele Themen ab, von der Steuerreform bis zum Strafrecht. Wie wollen Sie als SPÖ da einen Fuß hineinbekommen?

Drozda: Was die Bundesregierung zur Steuerreform präsentiert hat, ist eigentlich jenseits der Vorstellungskraft. Sie macht eine Klausur, dann setzt sich der Kanzler hin und sagt, man wird im Jahr '21 und '22 etwas machen, und die Abschaffung der kalten Progression, die beide Parteien in ihrem Wahlprogramm haben, macht man dann '23, weil man da eh sicher noch in der Regierung ist. Also ich muss sagen, das ist unverschämt.

STANDARD: Ganz einig ist sich die Regierung aber ohnedies nicht ...

Drozda: Da versagt hinter den Kulissen offenbar die Message-Control: Die FPÖ möchte den Spitzensteuersatz senken, die ÖVP möchte ihn beibehalten.

STANDARD: Das sind eigentlich vertauschte Rollen, die ÖVP und FPÖ da einnehmen.

Drozda: Da muss ich Ihnen zu 100 Prozent recht geben.

STANDARD: Es gibt auch andere Themen, bei denen man den Eindruck hat, dass sich die Regierung die Opposition quasi selbst macht.

Drozda: Der Papamonat ist ein solcher Fall. Die Sozialministerin Beate Hartinger-Klein, die Schwachstelle der Bundesregierung, fordert ihn, die ÖVP lehnt das gleich umgehend ab. Der Papamonat des Vizekanzlers, das muss ich jetzt noch sagen, das war ja nur ein Rauschen im Blätterwald. Ich weiß nicht, ob man Straches Papamonat in Tagen oder Stunden misst. Er war in der Zeit ja omnipräsent – und auf Skiurlaub auch noch.

STANDARD: Für die große Linie sorgt der Bundeskanzler.

Drozda: Wo denn? Der schaut nur zu. Auch beim Karfreitag wird nur herumgeturnt und herumgeeiert. Und Finanzminister Hartwig Löger stellt sich bei einer Versicherungsveranstaltung hin und sagt, die staatliche Pension ist unfinanzierbar. Es ist nicht Aufgabe des Finanzministers, das Lobbying für private Versicherungen zu betreiben. Letztendlich schiebt die Regierung die wichtigen Themen vor sich her und drückt sich um die Debatten. Das sind lauter Indizien dafür, dass es im Maschinenraum dieser Regierung nicht so toll aussieht.

STANDARD: In 100 Tagen findet die EU-Wahl statt. Aus den Dissonanzen in der Regierung generiert diese einen Vorteil. Sie inszeniert ein Duell ÖVP gegen FPÖ. Der SPÖ wird es da schwerfallen, in die Rolle als Herausforderer zu kommen.

Drozda: Es war schon eine bewusste Idee des Herrn Vilimsky, dem Herrn Karas den Fehdehandschuh hinzuwerfen. Ich verstehe das als taktisch. Faktum ist nur: Die Auseinandersetzung spielt sich zwischen Herrn Karas und Frau Edtstadler ab. Das ist die eine Auseinandersetzung. Die andere ist jene zwischen Vilimsky und Andreas Schieder, der in allen entscheidenden Fragen, insbesondere in der Frage der Konzernbesteuerung, internationale Steuern, immer eine klare Position eingenommen hat.

STANDARD: Dennoch scheint die SPÖ thematisch nur schwer ins Spiel zu kommen.

Drozda: Das stimmt nicht. Die Regierung will ablenken. Schauen Sie sich die Nervosität angesichts der Debatte um den Öxit an. Strache und Vilimsky gratulieren den Briten zur wiedererlangten Souveränität – das ist jetzt ein Originalzitat. Das Ergebnis des britischen Referendums wurde von der FPÖ als Weichenstellung für Demokratie und gegen Zentralismus begrüßt. Diese Herrschaften haben immer mit der Idee eines Austritts kokettiert, sie legen eine Verantwortungslosigkeit an den Tag, die ihresgleichen sucht. Und die Verantwortungslosigkeit werden wir Tag für Tag benennen.

STANDARD: Am 2. März ist Landesparteitag der Tiroler SPÖ, Georg Dornauer wird neuer Landesparteichef. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner wird nicht hinkommen. Ist das nicht kleinlich?

Drozda: Jetzt wärmen Sie diese Diskussion wieder auf? Das finde ich kleinlich.

STANDARD: Das ist ein Landesparteitag, bei der ein neuer Landesparteichef gekürt wird. Die Frage ist berechtigt.

Drozda: Ich bin dort, und ich bin in einem guten Austausch. Die Parteichefin hat mit Georg Dornauer einen Tag in Tirol verabredet.

STANDARD: Da wurden im Hintergrund schon ein paar Unfreundlichkeiten ausgetauscht, der Anlass ist eine als sexistisch empfundene Aussage von Dornauer, worauf er in den Bundesgremien keinerlei Funktionen hat.

Drozda: Wenn das der Grund wäre, nicht hinzufahren, dann dürfte sie auch keinen Tirol-Tag machen.

STANDARD: Dann erklären Sie es mir.

Drozda: Der Termin ist bei der Vorsitzenden leider nicht möglich. Stattdessen macht sie einen Tirol-Tag Anfang März.

(Michael Völker, 16.2.2019)