Geschäftiges Treiben: In der Shopping-Stadt Parndorf tummeln sich Einkäufer.

Foto: McArthur Glen Designer Outlet Parndorf

Leere Straßen: Im Ortskern von Parndorf ist kaum jemand unterwegs, viele Geschäfte und Betriebe haben in den letzten Jahren zugesperrt.

Foto: Redl

Schon seit über 100 Jahren betreibt die Familie von Eva Maria Gettinger das Kaufhaus in Parndorf.

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Ein beschaulicher Dorfplatz, gepflegte Fassaden in dezenten Pastelltönen, schmucke Zwiebeldächer – und viele, viele Menschen: Wer im Outlet-Mekka Parndorf im Burgenland auf Schnäppchenjagd geht, könnte sich mit etwas Fantasie an einen alten Marktplatz erinnert fühlen.

Der echte Parndorfer Marktplatz liegt nur fünf Minuten Autofahrt entfernt. Und der Unterschied zum künstlich errichteten Pendant könnte nicht größer sein: Hier sind nur einige wenige Menschen unterwegs, die die Post, die Trafik oder eines der wenigen Geschäfte, die es im Ort noch gibt, ansteuern.

Parndorf kennt man

"Der Ort hat sich enorm verändert", sagt eine ältere Dame, die vor der Trafik aus ihrem Auto steigt. 1997 eröffnete die britische McArthur Glen Group zweieinhalb Kilometer südlich vom Ortskern das Designer Outlet Parndorf. Seither wurde es mehrfach ausgebaut, unweit davon wurden das Fashion Outlet Parndorf sowie mehrere Fachmarktzentren eröffnet. Die Shopping-Hochburg ist der Hauptgrund dafür, dass Parndorf überall in Österreich ein Begriff ist.

Im Ort sind nicht alle froh über diese Entwicklung. "Viel zu rasant" sei Parndorf "viel zu groß" geworden, urteilt Luzia Gorgosilich, die schon ihr ganzes Leben hier wohnt: "Ich bin in einem Dorf aufgewachsen, jetzt ist alles anders. Ich fahre nur ganz selten ins Outlet, weil mich das nervt."

Stammkundschaft schwindet

Eva Maria Gettinger führt das Kaufhaus Gettinger an der Hauptstraße schon in dritter Generation. Es sei das einzige Kaufhaus, das im Ortskern übrig geblieben ist, erzählt sie. Hinter ihr stapeln sich Zigarettenschachteln, in einer Glasvitrine gibt es Wurst und Einmachgläser gefüllt mit Delikatessgurken und Roten Rüben.

Ab halb sechs Uhr Früh steht Gettinger jeden Tag im Geschäft, um die Pendler zu bedienen. "Es ist ein harter Kampf", sagt sie und fügt hinzu: "Ich glaube, bis zur Pension werde ich es nicht mehr schaffen." In den letzten zehn bis 15 Jahren seien immer weniger Kunden gekommen. "Früher sind wir hier zu dritt gestanden, jetzt bin ich allein."

Das Problem kennen viele Orte: Die Stammkundschaft stirbt weg, die Jungen fahren in die großen Supermärkte an der Peripherie. In Parndorf kommt dazu, dass jene, die beim Outlet-Shopping viel Geld ausgeben und mit Bussen herangekarrt werden, sich oft im Ort nicht blicken lassen.

Vorteile für Bewohner

Dennoch: Dank seiner Nähe zu Wien und den Arbeitsmöglichkeiten in den Outlet-Shops am Ortsrand wächst Parndorf stetig. Knapp 4700 Einwohner sind es aktuell. Der 33-jährige Ralph Müllner ist in Parndorf aufgewachsen. Das Wohnen sei durch den Zuzug teurer geworden, meint er. Dafür habe sich aber auch die Infrastruktur für die Bewohner verbessert.

So gibt es ein Taxi, das ältere Menschen günstig nutzen können, um von Ort zu Ort zu kommen. Auch die Post, so erzählt Vizebürgermeister Franz Huszar (Liste Parndorf), habe die Gemeinde übernommen, nachdem die Suche nach einem Postpartner erfolglos war. Er zählt noch weitere Vorteile seines Heimatortes auf: Die Kanalgebühr sei um zwei Drittel billiger als in Nachbarorten, bis heuer sei die Sperrmüllentsorgung gratis gewesen, nun wird ein kleiner Betrag eingehoben.

Gasthäuser und Heurige im Ort tun sich allerdings schwer mit der Konkurrenz zu Vapiano, Burger King und Co, die sich am Ortsrand angesiedelt haben. "Heuer macht wieder ein altes Stammgasthaus zu", sagt der Vizebürgermeister. Ein beliebter Treffpunkt für Vereine ist aber die Bäckerei Gettinger mit angeschlossenem Wirtshaus. 1959 habe sie mit ihrem Mann aufgesperrt, erzählt die Seniorchefin hinter der Theke, seither habe sich viel verändert. "Aber man muss mit der Zeit gehen", sagt eine Verkäuferin. Mittlerweile hat man sogar Chia-Brot im Angebot.

35 aktive Vereine

Von einem Dorfsterben kann in Parndorf also keine Rede sein. "Auch wenn das Ortsbild ausgestorben wirkt: Hinter den Fassaden ist viel los", sagt Vizebürgermeister Huszar. 35 aktive Vereine gibt es im Ort, vom Schachklub über Sport- und Tanzvereine bis zum Club Miteinander, einer Organisation, die sich alle drei Wochen trifft.

Bis zu 150 Frauen kommen dann zu Kuchen, Kaffee und Unterhaltung in der Volksschule zusammen. Am Ortsrand sind indes wieder einmal die Bagger aufgefahren. Der Frunpark soll 2020 eröffnen. "Jeder Ort hat irgendwo seine Grenzen", sagt Lokalpolitiker Huszar. "Schön langsam ist es auch in Parndorf so weit." (Bernadette Redl, Franziska Zoidl, 17.2.2019)