Dennis Kuranda (20), Zivildiener beim Wiener Roten Kreuz.

Foto: Christian Fischer

"Vom Mitglied der Millionärsfamilie, dem das Knie wehtut, bis zum Obdachlosen, der im Winter friert: Bei der Rettung lernt man, mit den unterschiedlichsten Menschen und Situationen umzugehen. Ich bin inzwischen viel offener als ich früher war und weiß, wie ich das Eis brechen kann.

Zum Wiener Roten Kreuz bin ich über Umwege gekommen. Bei der Stellung habe ich eine Zivildiensterklärung ausgefüllt, hatte da aber noch zwei Jahre Schule vor mir. In dieser Zeit träumte ich davon, Pilot zu werden. Der Pilotenmarkt war jedoch gesättigt und eine Privatausbildung unleistbar. Bei einer Berufsmesse sagte man mir, dass das Heer Piloten sucht, also hab‘ ich mich beworben. Nach drei Tagen im Grundwehrdienst hieß es: Es werden gar keine Piloten gebraucht. Im Heer bleiben wollte ich auf keinen Fall. Es wurde dort viel herumgeschrieen, und man hat uns teilweise unsinnige Aufgaben gestellt, wie die, sich in einer Minute komplett anzuziehen. Diese Zeit brauchte man aber schon für den Weg in den ersten Stock. Da ist natürlich eine Absicht dahinter: Sie wollen sehen, wie man mit Stress umgeht. Ich finde es unnötig, so streng zu sein.

Man muss sich reinhängen

Nach einem Gespräch mit dem Kasernenleiter durfte ich gehen. Am nächsten Tag habe ich mich für den Rettungsdienst angemeldet. Meine Aufgabe ist aufzupassen, dass es den Patienten auf dem Weg ins Krankenhaus gut geht. Meist verläuft die Fahrt ruhig, ab und zu haben wir aber auch dramatischere Einsätze. Gleich an meinem ersten Tag konnte ich eine Wagengeburt miterleben. Zum Glück ging alles gut. Die anderen Zivis haben schön geschaut. Ein Kollege hatte zwei Wochen später eine Reanimation.

Rettung auf ganz gemütlich, das funktioniert nicht. Man muss sich schon reinhängen. Wir haben auch regelmäßig Tests zu absolvieren, für die wir lernen müssen. Ich bereue die Entscheidung dennoch nicht. Mit dem medizinischen Wissen steigt auch die Zivilcourage. Wenn jemand auf der Straße kollabiert, stehen die meisten nur daneben – ich weiß, wie ich helfe: Beine hochlegen, damit das Blut wieder hochkommt. Was ich auch sehr mag, ist, dass wir Mitarbeiter ein eingeschworenes Team sind. Wir arbeiten auf Augenhöhe zusammen, sprechen einander mit Du an, auch die Jungen die Alteingesessenen. Nach einem Einsatz reflektieren wir gemeinsam, wie es gelaufen ist.

Mein Zivildienst ist mit Februar zu Ende gegangen. Jetzt will ich hauptberuflich als Sanitäter beim Roten Kreuz weitermachen. Nebenbei schaue ich, was ich danach tun möchte. Eine Idee ist, mich bei der Polizei für die Hubschrauberstaffel zu bewerben." (Protokoll: Lisa Breit, 17.2.2019)