Trotz Bedenken in den eigenen Reihen ziehen die Grünen und ihre ehemaligen Altvorderen von der Liste Jetzt strikt getrennt in die EU-Wahlschlacht. Denn nach den ersten Auftritten von Spitzenkandidat Johannes Voggenhuber, den Pilz, Rossmann, Zinggl & Co unterstützen, sind selbst vormals versöhnlich gestimmte Grüne wie Innsbrucks Bürgermeister Georg Willi völlig desillusioniert: "Ich sage: Finger weg von diesen Leuten! Denn ich halte sie für politisch klug genug zu wissen, dass sie uns mit dieser Art von Gegenkandidatur sehr schaden."

Innsbrucks grüner Bürgermeister Georg Willi hält zu den Ex-Grünen bei der Liste Jetzt fest: "Wer so etwas macht, das ist kein Partner mehr für uns."
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Zum Jahreswechsel hörte sich Willi ganz anders an. Da plädierte Innsbrucks Stadtoberhaupt noch für eine mittelfristige Reunion mit den "Pilzen", wie die abgespaltenen Grünen gern genannt werden – damit sich das einstige Stimmenpotenzial der Ökos bei Wahlen nicht mehr "auf zwei Parteien aufteilt".

Eineinhalb Monate später hält Willi zur EU-Kandidatur von Voggenhuber, der den Grünen öffentlich den zweiten Listenplatz hinter ihm offeriert hat, fest: Obwohl er in Europa angeblich den Vormarsch der Rechtspopulisten stoppen wolle, "haut er vor allem auf die Grünen ein". So behaupte Voggenhuber, dass die Grünen "nichts zusammenbringen" und dass er als Spitzenkandidat für die Partei einst das beste EU-Wahlergebnis eingefahren habe – doch nach seinem Abgang wurde das sehr wohl von der grünen Ex-EU-Frontfrau Ulrike Lunacek mit 14,5 Prozent übertrumpft.

Ganz vorne oder gar nicht

Was Willi ebenfalls ärgert: Dass Voggenhuber so tue, als hätte er das Gespräch für ein gemeinsames Antreten bei der EU-Wahl gesucht. Tatsächlich sei aber Werner Kogler, als grüner Parteichef nun auch Spitzenkandidat, an Voggenhuber herangetreten, um herauszufinden, ob sein ehemaliger Parteifreund bereit wäre, für die Grünen zu kandidieren. Willi: "Die beiden haben dazu drei längere Gespräche im Wirtshaus geführt. Wenn Voggenhuber das nun anders darstellt, dann weil die Liste Jetzt das offensichtlich so mit ihm erarbeitet hat." Nachsatz: "Und wer so etwas macht, das ist kein Partner mehr für uns."

No way back – das sieht auch Koglers Stellvertreter Stefan Kaineder so. Der 34-jährige Oberösterreicher berichtet ebenfalls von den Versuchen des grünen Parteichefs, Voggenhuber für den gemeinsamen EU-Wahlkampf zu gewinnen: "Es ist aber schnell klar geworden, dass er für die Liste Jetzt kandidieren und ganz vorne stehen will."

Auch der neue grüne Vize-Chef Stefan Kaineder will keine gemeinsame Sache mit den Pilzen machen.
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Voggenhuber selbst postete vergangene Woche zu diesen Gesprächen ins STANDARD-Forum: "Seit Sommer 2018 gibt es von mir Signale über eine Wahlplattform an die Grünen. Seit November gab es drei vielstündige Verhandlungsrunden mit Werner Kogler, in denen sich durchaus Chancen einer Kooperation abzeichneten, die erst Mitte Januar von den Grünen abrupt zurückgewiesen wurden."

Kogler selbst will sich zu der ganzen Angelegenheit im Detail nicht äußern, auch nicht dazu, dass Kärntens grüner Ex-Landesrat Rolf Holub und Lambert Schönleitner, Chef der steirischen Landesgruppe, ihn trotz alledem zu einer Zusammenarbeit mit Voggenhuber im EU-Wahlkampf gedrängt haben.

Der grüne Chef und EU-Spitzenkandidat Werner Kogler will sich zu den ergebnislosen Gesprächen mit Johannes Voggenhuber nicht äußern.
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Weil Kogler gemeinsam mit den europäischen Grünen im EU-Parlament antritt, werde er ohnehin "Teil dieser starken Bewegung sein", erklärt sein Vize Kaineder – "und wir werden mit unserem Engagement gegen die Klimakrise viele Menschen auf unsere Seite ziehen", ist er überzeugt. Dazu werde es Wahlkampfhilfe speziell von den deutschen Grünen geben, die in den Umfragen mit ihrem Kampf für eine besserer Umverteilung längst die Rolle und ehemalige Stärke der SPD übernommen hätten. Außerdem tritt Sarah Wiener, Gastronomin in Berlin, TV-Köchin und TTIP- sowie Gentechnik-Skeptikerin, als Listen-Zweite für die Grünen an. Die Grünen bauen auch auf die Prominenz von Wiener, denn Kogler räumt ein, dass man für den Wahlkampf sehr wenig Geld habe.

Kompatibilität erforderlich

Für den Fall, dass Voggenhuber mit einem Mandat ins EU-Parlament einzieht, für das es mindestens vier Prozent braucht, hält Willi fest, dass Europas Grüne "sicher Bedenken anmelden" werden, den Jetzt-Mann in ihre EU-Fraktion aufzunehmen.

Abgesehen von seinen früheren Parteifreunden ist der Tiroler in Hinblick auf spätere Wahlkämpfe aber sehr wohl bereit, bei der Liste Jetzt Engagierte bei den Grünen aufzunehmen: "Nicht um ihnen ein Mandat zu sichern, aber wenn jemand bei uns seine politische Kompetenz einbringen will, gerne." Nachsatz: "Teamkompatibel sollte so jemand aber halt schon auch sein." (Walter Müller, Nina Weißensteiner, 17.2.2019)