Karikatur: Michael Murschetz

Während der Club of Rome kürzlich bereits einen Klimanotfallplan erarbeitet und EU-Parlamentariern präsentiert hat, beschäftigt die österreichische Bundesregierung etwas viel Wichtigeres: Tempo 140 auf den Autobahnen. Während den österreichischen Wintersportorten langsam, aber stetig der Winter abhandenkommt und laut aktuellem Gletscherbericht sich die Gletscher in Österreichs Alpen verflüchtigen, meint Verkehrsminister Norbert Hofer, dass die Erhöhung des Tempolimits von 130 auf 140 Stundenkilometer ein vorrangiges politisches Ziel ist, für dessen Verwirklichung er gewählt wurde.

Hierzu ein paar einfache physikalische Fakten:

  • Der Luftwiderstand nimmt quadratisch mit der Geschwindigkeit zu. Obwohl daher die Zunahme der Geschwindigkeit von 130 auf 140 nur 7,7 Prozent beträgt, nimmt der Luftwiderstand um 16 Prozent zu – mit entsprechender Auswirkung auf den Kraftstoffverbrauch und auf die CO2-Emissionen.
  • Auch der Bremsweg nimmt quadratisch mit der Geschwindigkeit zu. Somit ist der Bremsweg bei 140 Stundenkilometern ebenfalls um 16 Prozent länger als bei 130 Stundenkilometern.
  • Schließlich nimmt auch die Bewegungsenergie, also die Energie, die ein Fahrzeug aufgrund seiner Bewegung enthält, mit dem Quadrat der Geschwindigkeit zu. Bei einem Aufprall auf ein stehendes Objekt, etwa einen Brückenpfeiler oder ein stehendes Fahrzeug, ist die in Sekundenbruchteilen freiwerdende, zerstörerische Energie bei einer Aufprallgeschwindigkeit von 140 Stundenkilometern um 16 Prozent größer als bei 130 Stundenkilometern.
  • Bleibt noch der Lärm: Wichtigste Lärmquelle bei Geschwindigkeiten ab 50 Stundenkilometern sind Reifen-Fahrbahn-Geräusche sowie aerodynamische Geräusche. Die dadurch erzeugte Schallintensität steigt mit der dritten mitunter sogar mit der vierten Potenz der Geschwindigkeit an. Konkret bedeutet dies bei Tempo 140 eine Zunahme der Schallintensität um 25 bis 35 Prozent gegenüber Tempo 130.

Wozu Messungen?

Um zu diesen Erkenntnissen zu gelangen, bedarf es keiner Messungen durch die Asfinag, sondern der einfachen Nutzung von Altbekanntem aus Mechanik und Strömungslehre, wie man es an einer HTBLA in der Fachabteilung Flugtechnik wohl auch lernt.

All diesen bedeutungslosen Nachteilen steht natürlich die enorme Einsparung an Fahrzeit gegenüber, wenn man statt mit 130 mit 140 Stundenkilometern unterwegs ist. Pro 100 Autobahnkilometer beträgt diese Einsparung genau drei Minuten und 18 Sekunden. Für die Strecke von Wien nach Linz mit 160 Autobahnkilometern beträgt daher die Zeitersparnis satte fünf Minuten und 16 Sekunden.

Achtung, Kanada!

In Kanada, das ja bekanntlich kaum größer ist als Österreich, beträgt die Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen mickrige 100 Stundenkilometer. Würden die Kanadier daher wenigstens unserem Beispiel von derzeit Tempo 130 folgen, dann würden sie um 23 Prozent weniger Zeit auf Autobahnen benötigen. Dass Luftwiderstand, Bremsweg und Bewegungsenergie dabei um 69 Prozent und Schallintensität um 120 bis 186 Prozent zunehmen würden, sollte die Kanadier nicht weiter stören – wir leben schließlich auch damit.

Warum folgen die Kanadier nicht endlich unserem Beispiel, Herr Minister? (Christoph E. Mandl, 15.2.2019)