Damaskus/Washington – Das "Kalifat" der Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) steht kurz vor dem Verschwinden: Die Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) teilten am Samstag mit, dass die Extremistengruppe nur noch einen halben Quadratkilometer im Dorf Baghuz kontrolliere und "in einigen Tagen" komplett besiegt sein werde.

US-Vizepräsident Mike Pence versicherte in München, dass die USA auch nach dem Abzug ihrer Truppen aus Syrien weiter gegen die IS-Miliz kämpfen würden.

Der Sieg über die IS-Miliz und das Ende ihrer Existenz würden spätestens "in einigen Tagen" verkündet werden, sagte der SDF-Kommandant Jia Furat auf dem Militärstützpunkt Al-Omar. Ihr Gebiet in Baghuz messe nur noch 700 mal 700 Meter und sei damit auf einen halben Quadratkilometer geschrumpft, sagte der Kommandant des kurdisch-arabischen Bündnisses, das in Ostsyrien seit Monaten gegen die IS-Miliz kämpft.

Schwieriges Vordringen

Mit Unterstützung der internationalen Anti-IS-Koalition gelang es den überwiegend aus kurdischen Kämpfern bestehenden SDF-Einheiten seit September in verlustreichen Kämpfen, die Jihadisten auf das Dorf Baghuz am Ufer des Euphrat zurückzudrängen, doch leisten dort weiter einige hundert Kämpfer Widerstand. Zahlreiche Tunnel und Minen behindern den Vormarsch der SDF-Truppen, die sich zudem immer wieder Selbstmordanschlägen ausgesetzt sehen.

Auch sind nach SDF-Angaben weiterhin zahlreiche Zivilisten in dem Dorf an der irakischen Grenze präsent. "Es sind noch immer Zivilisten in Baghuz und wir bemühen uns, sie rauszuholen", sagte der SDF-Sprecher Mustefa Bali. Seit Dezember sind zehntausende Angehörige von Dschihadisten aus der letzten IS-Bastion geflohen und haben sich den SDF-Einheiten ergeben, darunter auch viele europäische Frauen und Kinder.

US-Präsident Donald Trump versicherte am Donnerstag, dass binnen 24 Stunden der Sieg über die Extremistengruppe verkündet werden könne. Der Sprecher der Anti-IS-Koalition, Sean Ryan, sagte am Samstag aber, dass die IS-Miliz die verbliebenen Zivilisten als "menschliche Schutzschilde" benutze, weshalb die Luftangriffe reduziert worden seien. Auch müssten die SDF-Kämpfer erst Minen räumen und auf der Hut vor Attentätern sein.

Der SDF-Sprecher Adnan Afrin sagte, es gebe in Baghuz eine Spaltung zwischen syrischen Jihadisten und ausländischen Kämpfern. Während sich die Syrer ergeben wollten, verhinderten die Ausländer jede Kapitulation. Neben Irakern seien Türken, Ägypter, Libyer und Europäer in Baghuz verschanzt, sagte Afrin. Die SDF-Kämpfer würden nun schauen, ob sie die Tunnel der Dschihadisten sprengten oder versiegelten.

US-Vizepräsident Pence versicherte bei der Münchner Sicherheitskonferenz, dass die USA auch nach dem geplanten Abzug ihrer Truppen aus Syrien den Kampf gegen die IS-Miliz fortsetzen würden. "Die Vereinigten Staaten werden mit all unseren Verbündeten daran arbeiten, die Überreste von ISIS zur Strecke zu bringen, wo immer und wann immer sie ihre hässlichen Köpfe erheben", sagte Pence.

Merkel warnt

Trump hatte im Dezember seine Verbündeten mit der Ankündigung überrascht, alle 2000 Soldaten aus Syrien abzuziehen, da die IS-Miliz besiegt sei. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel warnte in München, dass ein schneller Abzug den Einfluss des Iran und Russlands in dem Bürgerkriegsland zu stärken drohe. Beide Länder sind mit einer großen Zahl eigener Truppen in Syrien präsent, um Machthaber Bashar al-Assad zu unterstützen. (APA, 16.2.2019)