Die Verkehrsplanerin Gisela Stete aus Darmstadt vor der Pferdeschwemme am Salzburger Herbert-von-Karajan-Platz.

Foto: Bürgerliste

Stadteingang statt Kreuzung: Der Herbert-von-Karajan-Platz soll umgestaltet werden.

Foto: Stefanie Ruep

Das Neutor soll für den Autoverkehr ab Mai gesperrt werden.

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Salzburg – Drei Wochen vor der Gemeinderatswahl in der Stadt Salzburg hat am Montag eine neue Allianz den ersten Schritt zur Verkehrsberuhigung der Altstadt eingeläutet. SPÖ, die grüne Bürgerliste und Neos wollen ab Ende Mai das Neutor für den Durchzugsverkehr sperren. Der Beschluss soll im nächsten Planungsausschuss mit ihrer Mehrheit gefällt werden. Bisher scheiterten Vorstöße immer an der fehlenden politischen Mehrheit. Die SPÖ hat ihren Kurs in der Verkehrspolitik deutlich geändert. Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP) lehnte die Sperre vehement ab und bezeichnete das Vorgehen als Schildbürgerstreich.

Verkehrsexperten haben den Durchzugsverkehr durch das Weltkulturerbe immer kritisiert. Auch die Verkehrsplanerin Gisela Stete aus Darmstadt plädiert im STANDARD-Gespräch für eine Flächenumverteilung. "Es wird dem Autoverkehr viel zu viel Raum eingeräumt, sowohl dem ruhenden als auch dem fließenden", sagt Stete, die auf Einladung der Bürgerliste einen Vortrag hielt.

Plätze sollen neu gestaltet werden

Das Weltkulturerbe sei vor dem schädlichen Einfluss des Autoverkehrs zu schützen, betont die Verkehrsplanerin. Als regelmäßige Salzburg-Besucherin kennt sie die Stadt seit Jahren und hat 2006 ein Forschungsprojekt zur Mobilitätskultur in Salzburg durchgeführt. Der Herbert-von-Karajan-Platz, der Bürgerspitalplatz und der Anton-Neumayr-Platz würden nicht einmal als Plätze wahrgenommen werden. Der Karajan-Platz als Eingang in die Altstadt sei einfach eine Kreuzung, die historische Pferdeschwemme werde von einer Bushaltestelle verdeckt. Das soll sich nun ändern. Der motorisierte Individualverkehr soll nicht mehr über das Neutor durch die Altstadt fahren können. Die so freiwerdenden Plätze sollen neu gestaltet werden.

"In Salzburg dominiert der Autoverkehr das Bild des öffentlichen Raumes", sagt Stete. Für alle Städte gelte eine einfache Zielvorgabe, sagt sie: den Autoverkehr um ein Drittel reduzieren, den öffentlichen Nahverkehr verdoppeln, und jeder zweite Weg sollte zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegt werden. Salzburg habe gute Ansätze, etwa beim Radverkehr. Allerdings würden Verbesserungen für Radfahrer und Fußgänger nur umgesetzt, solange es dem Autoverkehr nicht wehtue.

Garagenausbau kontraproduktiv

Ihr Rezept für den motorisierten Individualverkehr in Städten: vermeiden, verlagern, verträglich abwickeln. Der geplante Ausbau der Mönchsberggarage sei "absolut kontraproduktiv" und ziehe noch mehr Autos in die Stadt. Stattdessen brauche es eine mutige Parkraumbewirtschaftung. "Wenn weniger Stellplätze da sind, überlegt man es sich, ob man mit dem Auto in die Stadt fährt."

Weniger Autoverkehr bedeute nicht weniger Mobilität. "Salzburg ist eine sehr kompakte Stadt, wo in drei Kilometern Umkreis um das Zentrum 80 Prozent der Siedlungsfläche abgedeckt sind. Das ist ein Radius, da braucht man noch nicht einmal ein Pedelec", sagt Stete. Es müsse auch an Urlauber klar kommuniziert werden, dass es mit dem Auto nicht in die Innenstadt gehe. Den Busterminal für Touristen in der Paris-Lodron-Straße hält Stete für eine Katastrophe. "Dieser Raum ist ein Unort."

Mobilitätsstationen fehlen

Das Obus-System findet Stete prima. Ein Zehnminutentakt für eine Stadt mit 160.000 Einwohnern sei nicht selbstverständlich. Das Problem sei, dass der Obus vom Autoverkehr behindert werde und auch im Stau stehe. Daher rühre auch sein schlechtes Image. Statt des Baus einer Stadtregionalbahn solle die Stadt zuerst das bestehende Obus-System ertüchtigen, indem sie Fläche anders verteilt und weitere Busspuren schafft.

Was Salzburg fehle, seien sogenannte Mobilitätsstationen, an denen verschiedene Verkehrsangebote verknüpft werden. Ein Car- und Bike-Sharing-Angebot fehle in der Mozartstadt gänzlich. Die Voraussetzung für die Verkehrsplanung sei, "dass die Politik Farbe bekennt, mutig steuert und gestaltet", sagt Stete. (Stefanie Ruep, 19.2.2019)