Wien – Trotz der Einigung auf einen neuen Kollektivvertrag in der Sozialwirtschaft ist die Gewerkschaft nicht ganz zufrieden. Mit den erzielten 3,2 Prozent Gehaltserhöhung zeigten sich Verhandlungsführer Reinhard Bödenauer und GPA-Vorsitzende Barbara Teiber zwar einverstanden, dass es aber nur einen zusätzlichen Urlaubstag ab zwei Jahren Betriebszugehörigkeit gibt, schmerze. Von der geforderten sechsten Urlaubswoche ist man damit weit entfernt.

Nach dreitägigen Warnstreiks vorige Woche wurde in der fünften Verhandlungsrunde nach 17 Stunden in der Nacht auf Dienstag eine Einigung für die rund 100.000 Beschäftigte im privaten Sozial- und Gesundheitsbereich erzielt. Sie sieht eine Gehaltserhöhung von 3,2 Prozent und zusätzlich für Lehrlinge 100 Euro extra monatlich vor. Statt der von der Gewerkschaft geforderten 35-Stunden-Woche und der sechsten Urlaubswoche für alle gibt es allerdings nur einen zusätzlichen Urlaubstag ab zwei Jahren Betriebszugehörigkeit.

Darüber hinaus wurden jedoch einige arbeitsrechtliche Vorteile für die Arbeitnehmer vereinbart. So müssen für geteilte Dienste künftig immer mindestens fünf Stunden bezahlt werden. Das gilt auch dann, wenn man etwa nur 1,5 Stunden jeweils am Vormittag und am Nachmittag arbeitet und dazwischen einige Stunden Pause hat. Dazu muss auch die Wegzeit vom letzten Klienten nach Hause bzw. dann wieder zum ersten Klienten bezahlt werden. Zusätzlich gibt es künftig für kurzfristiges Einspringen für verhinderte Kollegen eine Zulage, bisher wurde das als normale Arbeitszeit abgerechnet. Darüber hinaus gibt es einen Anspruch auf Altersteilzeit, die Möglichkeit, Umkleidezeit als Arbeitszeit zu werten und bei Dienstplänen soll die Planungssicherheit erhöht werden.

DER STANDARD

Der Verhandlungsführer der Arbeitgeber, Walter Marschitz, bezeichnete die 3,2 Prozent Gehaltserhöhung als "einen Schritt, um den Beruf attraktiver zu machen". Im Zusammenhang mit diesem sehr guten Lohnabschluss wären die Forderungen der Gewerkschaft zur Arbeitszeitverkürzung "einfach nicht leistbar" gewesen. In den privaten Sozialeinrichtungen kommen rund zwei Drittel der Gelder von Ländern und Gemeinden und ein Drittel von den Klienten. Die Länder sitzen aber nicht direkt am Verhandlungstisch. Die steirische Soziallandesrätin Doris Kampus (SPÖ) meinte dazu, das sei ein System, das man "überdenken" könnte.

Beschäftigteninitiativen kritisierten die Einigung. Das Kritische Netzwerk aktivistischer Sozialarbeits-Studierender warf den Gewerkschaften vor, "massiv eingeknickt" zu sein. Das sei vor allem bei der Arbeitszeit der Fall. "Wir sind überzeugt, dass weitere Streiks einen besseren Abschluss ermöglicht hätten", sagt Michael Gehmacher, Aktivist von "Sozial, aber nicht blöd". Weder bei der Urlaubszeit noch bei der Arbeitszeit sei die Einigung zufriedenstellend. (APA, red)