Christen gedenken am Karfreitag des Kreuztodes Jesu Christi. Der Tag bleibt ein Zankapfel.

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Das war dann doch eine ziemliche Überraschung: ÖVP und FPÖ haben am Dienstag eine Karfreitagsregelung bekanntgegeben, mit der die Regierungsparteien auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs reagieren. Eines vorweg: Die Reaktionen fielen fast durchwegs negativ aus. Opposition, Arbeitnehmer, Religionsgemeinschaften und auch die Wirtschaft äußerten zum Teil scharfe Kritik.

Der Karfreitag wird künftig ein Feiertag für alle sein – aber nur ein halber Feiertag, erst ab 14 Uhr ist frei. Die Regierung musste hier eine Änderung finden.
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Doch zuerst zur Ausgangslage. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat vor knapp einem Monat entschieden, dass die derzeitige Karfreitagsregelung EU-rechtswidrig ist. Der Grund: Nur Mitglieder der evangelischen und altkatholischen Kirchen haben an dem Tag frei und erhalten Feiertagsentgelt, wenn sie dennoch arbeiten. Würde die Koalition die aktuelle Regelung nicht korrigieren, hätten schon am kommenden Karfreitag, dem 19. April, alle Beschäftigten frei bzw. Anspruch auf Zuschläge, wenn sie arbeiten.

Seither brüten ÖVP und FPÖ sowie Experten über einer Neuregelung. Die Wirtschaft machte dabei erheblichen Druck, da sie keinen weiteren allgemeinen Feiertag möchte, an dem Umsätze ent- oder Zuschläge anfallen. Die Regierung, namentlich Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP), versprach, dass nach einer Neuregelung niemand schlechter gestellt werde. Das ist nun nicht der Fall: Die Koalition hat sich darauf geeinigt, dass der halbe Karfreitag ein Feiertag sein wird, konkret ab 14.00 Uhr. Jesus ist übrigens laut Neuem Testament in der neunten Stunde, also um 15.00 Uhr verstorben.

Wenig überraschend war die Reaktion der Gewerkschaft und der Arbeiterkammer. Die Regierung habe sich ihre Gesetze neuerlich von der Wirtschaft diktieren lassen, kritisierten beide Vertretungen. "Ein Feiertag ab 14 Uhr an einem Freitag, wo ohnehin sehr viele ArbeitnehmerInnen schon zu Mittag Dienstschluss haben, ist lächerlich", befand Bernhard Achitz, Leitender Sekretär des ÖGB. Selbst ausgehend von einem Acht-Stunden-Tag und Dienstbeginn um acht Uhr blieben gerade einmal zwei Stunden mehr Freizeit. Weshalb Arbeiterkammerpräsidentin Renate Anderl von einem freien Vierteltag sprach.

Doch auch die Glaubensgemeinschaften sind enttäuscht bis erbost. Der Präsident der evangelischen Synode, Peter Krömer, bezeichnete die Lösung als "niederschmetternd". Die Kirchenangehörigen seien durch die Neuregelung gezwungen, Gottesdienste am Karfreitag zu reduzieren, da nicht alle ab 14.00 Uhr unterzubringen seien. Krömer verwies dabei auf das große Engagement der ehrenamtlichen Lektoren, deren Einsatz vor der Feiertagsruhe nun vom Einverständnis des Arbeitgebers abhänge. Ausgenommen sind dabei Lehrer, die am Karfreitag frei haben, ähnliche Regelungen gibt es zudem in verschiedenen Kollektivverträgen.

Keine Einbindung

Was Krömer besonders stört: Die Kirche wurde entgegen den Ankündigungen in die Entscheidung nicht eingebunden. Auch das Kultusamt sei nicht gehört worden. Krömer zum STANDARD: "Dieser Umgang mit einer religiösen Minderheit in einem demokratischen Rechtsstaat empfinde ich als erschütternd." Die Evangelischen wollen nun bei ihren Glaubensbrüdern und -schwestern in Parlament und Regierung Gehör finden. In der Ministerriege sind das Beate Hartinger-Klein, Norbert Hofer (beide FPÖ) und Heinz Faßmann (ÖVP). Hofer erklärte dazu in der ZiB2, es gebe auch die Möglichkeit, einen Abendgottesdienst zu besuchen. Mit Blick auf die ursprüngliche, EU-rechtswidrige Regelung sagte er, das aktuelle Problem "wurde nicht von der Politik in Österreich verursacht."

Eher keine Klage

Zu rechtlichen Schritten bis hin zu einer Anrufung des EuGH äußert sich Krömer trotz des "massiven Eingriffs in die Religionsfreiheit" skeptisch. Die Gerichte seien mit der Vorlage derartiger Themen an den EuGH sehr zurückhaltend, wenn schon eine Entscheidung vorliege, so das Argument. Auch der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker zeigte sich enttäuscht über das Ergebnis der wochenlangen Diskussion: "Die Lösung bedeutet, dass uns ein halber Feiertag genommen wird."

Für die Wirtschaftstreibenden wirft die Neuregelung viele Fragen auf. Der Handel beispielsweise weiß noch gar nicht, ob er am Karfreitag nach 14.00 Uhr offenhalten darf. Dazu bedürfte es einer ähnlichen Regelung wie am 8. Dezember. Im Falle einer Sonderregelung fordert Handelsobmann Peter Buchmüller Kompensationen für die anfallenden Überstundenzuschläge. Ähnlich lautete die Reaktion der Tourismuswirtschaft, für die Spartenobfrau Petra Nocker-Schwarzenbacher eine deutliche Lohnkostenerhöhung beklagte. Auch die Industrie ist von der Neuregelung betroffen und verlangt eine Entschädigung für die anfallenden 100-prozentigen Zuschläge am Karfreitag ab 14.00 Uhr.(Andreas Schnauder, 19.2.2019)