Eine neue Studie zeigt laut Arbeiterkammer die Vorteile der Ganztagsschule auf.

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"Die Eltern sind zufrieden, aber nicht wunschlos glücklich." So bilanzierte Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl die Ergebnisse einer neuen Studie, in der es um die Ganztagsbetreuung von Wiener Volksschülern geht. Im Auftrag der Arbeiterkammer (AK) hat das Umfrage-Institut Ifes im Herbst 800 Eltern befragt, deren Kinder in Wien die Volksschule besuchen. Die Resultate und die daran geknüpften Forderungen der AK wurden am Dienstag präsentiert.

Drei Viertel der Kinder in Ganztagsbetreuung

Drei Viertel der Befragten gaben an, dass ihr Kind ein institutionelles Ganztagsangebot nutzt. Dabei gibt es eine breite Palette an Betreuungsformen. 23 Prozent der Kinder sind in der Nachmittagsbetreuung einer klassischen Halbtagsschule, während 28 Prozent einen schulischen Hort besuchen. Ebenfalls 28 Prozent haben einen Platz in einer echten Ganztagsschule, in der Unterricht, Freizeitaktivitäten und Übungen über den Tag verteilt sind. Der Rest der Kinder wird privat versorgt – von den Eltern selbst oder auch von den Großeltern. Im österreichischen Vergleich heißt das: Wiener Kinder sind am Nachmittag oft in professionellen Betreuungsformen, dafür seltener zu Hause als Gleichaltrige in den Bundesländern.

Eltern lernen mit

In der Ganztagsschule ist der "Lernaufwand" für die Eltern am geringsten: Nur knapp ein Viertel (24 Prozent) der Eltern von Ganztagsschülern lernt daheim täglich mit dem Nachwuchs. In der offenen Schule liegt der Prozentsatz (28 Prozent) etwas höher, im Hort mit 35 Prozent (Hort in der Schule) beziehungsweise 37 Prozent (Hort außerhalb der eigenen Schule) deutlich höher und bei zu Hause betreuten Kindern am höchsten (42 Prozent). Durch diese Zahlen sieht die Arbeiterkammer ihre Präferenz für die Ganztagsschule untermauert, schließlich sollten Eltern am Nachmittag nicht zu "unfreiwilligen Nachhilfelehrern" mutieren.

Teurer Nachmittag

Die Wiener Situation mit dem Schwerpunkt auf professionellen Ganztagsangeboten erachtet Anderl grundsätzlich als vorbildlich: "Für alle Eltern muss es möglich sein, Vollzeit berufstätig zu sein und das trotzdem mit der Kinderbetreuung unter einen Hut zu bringen." Die Umfrage des Ifes zeige allerdings auch, dass die Kosten der Nachmittagsangebote von den Eltern mehrheitlich als Belastung empfunden werden. Im Schnitt zahlen die Eltern 230 Euro pro Monat an Elternbeiträgen. Da die Beiträge nach dem Einkommen gestaffelt sind, sind ärmere Eltern hier besser dran: Ein Fünftel der Befragten muss für die Ganztagsbetreuung gar nichts zahlen, weil sie zu wenig verdienen.

AK-Präsidentin Renate Anderl will den Elternbeitrag für die Ganztagsschule streichen.
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Für alle anderen wünscht sich die Arbeiterkammer ein "Ende der Kostenbelastung". Der Elternbeitrag soll bei den Ganztagsschulen für die Anwesenheitszeit von 8 bis 16 Uhr gänzlich gestrichen werden. Der Besuch einer ganztägigen Schulform dürfe nicht am Geld scheitern, erklärte Anderl.

Appell an Faßmann

Von der türkis-blauen Koalition wird der Ausbau der Ganztagsschule jedoch momentan eher verlangsamt denn beschleunigt. Die Mittel des Bundes für den Ausbau der Ganztagsschule werden gestreckt, das heißt die 750 Millionen Euro, die ursprünglich bis 2025 eingeplant waren, müssen nun bis 2032 reichen. Anderl will das "nicht akzeptieren". De facto fehlten Wien nun die finanziellen Mittel für 1.500 Ganztagsschulplätze bis 2025. Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) solle von der Bremse steigen und wieder mehr Geld zur Verfügung stellen, forderte die AK-Präsidentin. (Theo Anders, APA, 19.2.2019)