Viel Aufwand, wenig Nutzen: Ab 1. Jänner 2020 werden E-Cards nur noch mit Foto ausgestellt. Doch von vielen Versicherten sind keine Fotos vorhanden.

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Wien – Die E-Card ist mittlerweile zur Selbstverständlichkeit geworden. Bei jedem Arztbesuch wird sie verlangt. Ab 2020 sollen die grünen Karten mit einem Foto versehen werden, um Missbrauch vorzubeugen, wie die türkis-blaue Regierung stets beteuert. Millionen wähnt Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) einzusparen, der Kampf gegen den Sozialmissbrauch wurde bereits als Gegenfinanzierung bei der Abschaffung des Pflegeregresses veranschlagt. Bislang übersteigen aber die Kosten von 18 Millionen Euro für die Einführung einer E-Card mit Foto den Nutzen. Der Schaden durch E-Card-Betrug wurde vom Hauptverband deutlich geringer angesetzt. Nur zwei Kassen meldeten 2016 Schäden: Die Wiener Gebietskrankenkasse setzte ihn mit 9.935,74 Euro an, die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse mit 4.863,76 Euro.

"Das Gesetz ist insgesamt mangelhaft und schlecht durchdacht", kritisiert Neos-Gesundheitssprecher Gerald Loacker im STANDARD-Gespräch. Ab nächstem Jahr soll es nur noch E-Cards mit Fotos geben, Türkis-Blau will dazu auf Fotos zurückgreifen, die bereits vorhanden sind – etwa durch Reisepass, Personalausweis oder Führerschein. Verpflichtend sind Fotos für alle über 15-Jährigen, über 70-Jährige und Menschen ab Pflegestufe vier sollen ausgenommen sein.

Fehlende Fotos

Doch nicht von allen Versicherten sind Fotos vorhanden. Selbst in der Regierungsvorlage wird das ausgewiesen. Dort werden 1,5 Millionen Menschen genannt, die zwar in Österreich versichert sind, von denen es aber kein Foto gibt. 900.000 sind davon EU-Ausländer. In erster Linie sind davon Saisonarbeiter betroffen, also EU-Ausländer, deren Passfotos nicht bei den österreichischen Behörden gespeichert sind. Da ab 1. Jänner 2020 aber keine E-Cards ohne Foto mehr ausgestellt werden, müssen diese dann ein beliebiges Foto vorlegen und dieses in eine Landespolizeidirektion bringen. Österreichische Staatsbürger können hingegen ein Passfoto bei einem Gemeindeamt nachreichen.

Für die Betroffenen bedeutet das einen großen Aufwand: Arbeitet ein deutscher Kellner auf einer Skihütte in den Tiroler Bergen, muss dieser nach Innsbruck in die Landespolizeidirektion fahren, was wegen der Öffnungszeiten nur in der Arbeitszeit des Betroffenen passieren kann. Aus Loackers Sicht sind das "absurde bürokratische Hürden". Hat der Versicherte keine E-Card, könnte er zwar einen Ersatzbeleg verwenden, doch diese werden in der Praxis nur selten akzeptiert.

"Husch-pfusch-Gesetz"

Ähnlich sieht das SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch. Auch für ihn ist das ein "Husch-pfusch-Gesetz", dass eine Begutachtung umgangen wurde, zeige sich in der Ausgestaltung. Die E-Card gelte auch weiterhin nicht als Ausweis, die Ausweiskontrolle beim Arzt bleibe aufrecht. Damit hat der Beschluss "keinerlei Mehrwert für die Versicherten, das ist reine Häkelei", sagt Muchitsch.

Auch die Arbeiterkammer meldete Bedenken an. Die Mehrkosten werden mit 25 Millionen Euro beziffert, Geld, das besser für Versicherungsleistungen ausgegeben werden könnte. In einer Stellungnahme, die die Arbeiterkammer mangels Begutachtung an die Sozialsprecher der Parteien gesandt hat, führt die AK datenschutzrechtliche Bedenken an. Es sei gefährlich, wenn sensible Krankheitsdaten gemeinsam mit dem Foto des Patienten gespeichert werden. Hier wünscht sich die AK deutlich mehr Sorgfalt im Umgang mit den Daten der Versicherten. (Marie-Theres Egyed, 19.2.2019)