Ausflug in die Stadt: Wildschweine werden in besiedelten Gebieten immer mehr zum Problem, vor allem, wenn die Kleinen wachsen.

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Kundschaft mit borstiger Frisur hatte Hannelore Heinrich schon öfter. Doch als sich vor kurzem die Türe ihres Friseursalons in Stahnsdorf, einer Gemeinde südlich von Berlin, öffnete, erschrak die 67-Jährige gewaltig.

Ein blutendes Wildschwein stürmte in den Salon, warf Stühle und Utensilien um und sorgte auch bei den Kunden für großes Erschrecken. Durch laute Schreie gelang schließlich die Vertreibung des ungebetenen Gastes, verletzt wurde niemand.

Die Geschichte steht nun ganz oben auf der Liste der Best-of-Wildsau-Storys in Berlin. Dazu zählen auch zwei Videos, die zeigen, wie eine Rotte von rund 25 Wildschweinen am helllichten Tag durch Kleinmachnow galoppiert. Der Ort grenzt im Süden an Berlin, viele Einwohner schätzen eigentlich nebst frischer Luft die ruhige Lage.

Ein Video aus Kleinmachnow.

Doch im Süden Berlins ist es immer häufiger recht unruhig, und das liegt an den Wildschweinen. Anstatt sich im Wald aufzuhalten und zu ernähren, kommen sie lieber in die Siedlungen und suchen dort nach Nahrung. Regelmäßig klagen Gartenbesitzer über Verwüstungen. Jäger in Brandenburg schießen so viele Wildschweine wie nie zuvor, aber es traben immer wieder welche an und über die Berliner Stadtgrenzen.

Einfach mal den Garten umgepflügt

Bernd Albers, Bürgermeister von Stahnsdorf, ist doppelt betroffen. Die Borstentiere pflügten seinen privaten Garten um, auch öffentliche Grünanlagen seines Ortes. Immer mehr Bürger sorgen sich, dass irgendwann auch Menschen verletzt werden könnten. Albers will nun einen neuen Weg gehen und den Wildschweinen den Kampf mit Pfeil und Bogen zu Leibe rücken, da die Jagd mit Gewehren innerorts verboten ist.

"Bundesweit wären wir die Ersten", sagt er und betont, dass man natürlich zeitgemäßer als einst Robin Hood im Sherwood Forest auftreten würde. Der Ortschef denkt an Hightechbögen mit extremer Spannkraft.

Doch die Sache hat einen Haken: In Deutschland verbietet das Bundesjagdgesetz den Einsatz von Pfeil und Bogen. Daher sucht Albers nun im Brandenburger Landwirtschaftsministerium um eine Sondergenehmigung an. Dieses prüft, ob die Tiere mit Pfeil und Bogen auch tierschutzgerecht getötet werden können.

Auf der Pirsch in Madrid

Anderswo ist die Art der Jagd erlaubt. In Madrid, wo ebenfalls eine Wildschweinplage herrschte, ging man nach Einbruch der Dunkelheit so auf die Pirsch.

Bis zur Entscheidung des Ministeriums bleiben nur gute Tipps an die Bevölkerung. Sie möge stabile Zäune errichten und auf Kompost im Garten verzichten, rät die Gemeinde auf ihrer Website.

Dort steht auch, wie man sich verhalten soll, wenn doch eine wilde Wutz in den Garten kommt: "Anschreien ist effektiver als mit dem Regenschirm herumzufuchteln." Natürlich wird das Thema im Netz ebenfalls eifrig diskutiert. Ein unkonventioneller Ratschlag lautet: "Urin hilft. Echt. Öfter mal an den Gartenzaun pieseln." (Birgit Baumann aus Berlin, 20.2.2019)