"Wir hoffen auf einen langweiligen Tag", scherzte der Wiener US- Botschafter Trevor Traina in einem Gespräch mit Journalisten vor dem großen Tag, auf den er seit Amtsantritt im vergangenen Frühjahr hingearbeitet hatte. Nur 15 bis 20 Minuten wird der Vier-Augen-Termin am Mittwochnachmittag dauern. Vielleicht länger, wenn US-Präsident Trump ansonsten keine drängenden Verpflichtungen hat. Danach folgt ein Delegationsgespräch.

DER STANDARD fragt zu Kurz bei Trump nach: Was soll der Kanzler ansprechen?
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Es ist die Woche nach der Münchner Sicherheitskonferenz, das transatlantische Verhältnis ist bestenfalls als unterkühlt zu bezeichnen. Die aktuellen Gräben zwischen den traditionellen Verbündeten USA und Europa sind in München offen zutage getreten. Angela Merkel hat dort in Anwesenheit von Trumps Tochter Ivanka, die Kurz am Mittwochabend zum Dinner erwartet, den USA die Leviten gelesen. Merkel warf Trump den Ausstieg aus dem Iran-Deal und die Sekundärsanktionen vor, die außenpolitischen Alleingänge, die Drohung mit Strafzöllen.

US-Vizepräsident Mike Pence wiederum nutzte München vor allem dazu, den Europäern Anweisungen zu erteilen, während Trump ihnen über Twitter ausrichten ließ, sie sollten gefälligst ihre IS-Kämpfer aus Syrien zurücknehmen. Trump wird nachgesagt, Europa nicht zu mögen, auch wenn seine Frau Melania aus Slowenien stammt.

Pompeo berichtete über Nahost-Bemühungen

Erster Programmpunkt des USA-Besuchs des Kanzlers war am Dienstagabend ein Abendessen mit Außenminister Mike Pompeo, bei dem es unter anderem um den Nahost-Konflikt ging.

Wie Kurz den mitreisenden österreichischen Journalisten berichtete, sei es bei dem Diner im State Department um die Situation im Nahen Osten gegangen, "wo die USA wieder an einer Lösung arbeiten und wahrscheinlich noch in diesem Halbjahr einen Vorschlag präsentieren werden". Kurz begrüßte die Aktivitäten der USA im Nahost-Konflikt. Es sei "immer positiv", wenn diese einen Vorschlag präsentierten.

Kurz berichtete von einem "interessanten Austausch zu außen- und geopolitischen Fragen". Pompeo habe auch über die Korea-Frage berichtet, in der er persönlich sehr aktiv sei. Im Verhältnis zwischen EU und USA gebe es indes "viele Sachfragen, die uns trennen", räumte der Kanzler ein. Konkret nannte er etwa die Klimapolitik oder Handelsfragen. Allerdings erinnerten die beiden Spitzenpolitiker auch an Zeiten, in denen die Beziehungen zwischen Wien und Washington besonders fruchtbar waren: Kurz übergab Pompeo ein Buch mit dem Titel "The Marshall Plan. Saving Europe, Rebuilding Austria", in dem eine umfassende Bilanz über das US-Programm zur Ankurbelung der europäischen Wirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg gezogen wird.

Kurz hatte bereits im Vorfeld des Abendessens betont, dass dabei jene Themen im Fokus stehen würden, "bei denen wir unterschiedliche Auffassungen haben, wie der Kampf gegen den Klimawandel, der Einsatz gegen Protektionismus und für einen fairen und gerechten Handel im Sinne der österreichischen Wirtschaft sowie globale Fragen wie die Abrüstung von Atomwaffen".

Von der APA auf die Oppositionskritik an seiner Linie gegenüber Trump angesprochen, verwies Kurz auf seine Erfahrungen als Außenminister und Bundeskanzler. "Wir sind inhaltlich gut auf das Gespräch vorbereitet. Es gibt sehr viele Themen, wo wir unterschiedlicher Meinung mit den USA sind, und auch deshalb oder gerade deswegen sollte man Gespräche führen", betonte er.

Unbelasteter Regierungschef

Kurz reist freilich mit leichterem Gepäck an als Merkel oder Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, die in den Augen der USA immer auch stellvertretend für Europa agieren. Der Kanzler aus dem Nicht-Nato-Land gilt als unbelasteter Partner. Durch seine Jugend und die umstrittene Koalition, die er einging, ist er auch ein Thema für die US-Presse. Dass er einen Termin im Weißen Haus bekommen hat, liege aber auch an der Person selbst, betont Traina. Cay Johnston, Autor einer kritischen Trump-Biografie, gibt Kurz einen Rat mit auf den Weg: "Schmeicheln Sie ihm, und verwickeln Sie ihn nicht in Details."

Details stehen allerdings sehr wohl auf der Agenda. Hauptthema, betont der Kanzler, sind die wirtschaftlichen Beziehungen zu den USA. Kurz wolle die EU dabei unterstützen, einen Handelskrieg zwischen den USA und der EU zu vermeiden. Nach Trump und Pompeo trifft Kurz am Donnerstag auch die Chefinnen von Weltbank und Internationalem Währungsfonds. Ebenfalls kritisch sieht Österreich Trumps Ausstieg aus dem Pariser Klimavertrag und dem INF-Abrüstungsvertrag über das Verbot atomarer Mittelstreckenraketen, der die Sicherheitslage in Europa direkt tangiert. Österreich engagiert sich traditionell gegen Atomwaffen und hat den Uno-Atomwaffenverbotsvertrag mitinitiiert.

Auch Verbindendes

Aber auch ähnliche außenpolitische Positionen könnten abgesteckt werden. Österreichs Außenministerin Karin Kneissl zeigte sich nach ihrem Warschauer Vorbereitungstreffen mit Pompeo erfreut, dass die USA die österreichischen Bemühungen um eine EU-Annäherung auf dem Balkan unterstützen würden.

Nur Ungarn und Österreich sind wie die USA explizit für einen Gebietstausch zwischen Serbien und dem Kosovo, der auch Grenzverschiebungsgelüste in Bosnien-Herzegowina freisetzen könnte. Sowohl aus österreichischer als auch aus US-amerikanischer Sicht stellt das eine Abweichung vom bisherigen Kurs in der Region dar. Für Trump geht es um die Einflusssphären der Nato auf dem Balkan und das Zurückdrängen des Einflusses von China in der Region.

Eine weitere Übereinstimmung könnte sich beim Thema Migration ergeben. Sowohl Trump als auch Kurz wollen illegale Migration stoppen. Trump versucht das aktuell freilich auf verfassungsrechtlich bedenkliche Weise. Mit einem Notstandserlass will er den Kongress umgehen, um die zum Symbol seines Wahlkampfes gewordene Mauer zu Mexiko bauen zu können. Allzu langweilig dürfte es Kurz in Washington also nicht werden. (Manuela Honsig-Erlenburg aus Washington, red, APA, 20.2.2019)