Warum Zebras Streifen haben, wird in der Biologie schon lange diskutiert. Charles Darwin ging von Tarnung aus: Ihr charakteristisches Muster könnte die Tiere im hohen Gras oder bei flimmernder Hitze für Raubtiere schwerer erkennbar machen, mutmaßte der britische Naturforscher. Inzwischen haben Biologen diese Annahme aber weitgehend verworfen, denn die Fressfeinde der afrikanischen Pferde verlassen sich auch stark auf ihren Geruchssinn und ihr Gehör, um Beute zu finden.

Das schwarz-weiße Rätsel der Zebrastreifen beschäftigte schon Darwin.
Foto: Imago/Wojtkowski Cezary

Da Zebras in Herden leben, hat ein Löwe aber womöglich vor lauter Streifengewimmel Probleme, ein einzelnes Tier in der Gruppe auszumachen und anzugreifen, so eine neuere Tarnungshypothese. Doch das ist längst nicht die einzige Erklärung, die in den letzten Jahren für die Lösung des schwarz-weißen Rätsels vorgebracht wurde.

Eine weitere Theorie hinsichtlich der extravaganten Zebra-Aufmachung betrifft die Thermoregulation der Tiere. Demnach heizen sich die dunklen Bereiche des Fells stärker auf als die hellen, und wenn warme Luft über schwarzem Fell auf kältere Luft über weißem trifft, könnten kleine, kühlende Luftwirbel entstehen – in der Savannenhitze sicher ein Segen. Im Vorjahr widerlegte ein Forscherteam diese Annahme allerdings. Zwar ließ sich die stärkere Aufheizung der schwarzen Streifen wie erwartet nachweisen, der Effekt durch kühlende Luftwirbel war aber nicht feststellbar.

Extravagante Abwehr

Inzwischen verdichten sich die Hinweise auf eine ganz andere Erklärung: Vieles deutet darauf hin, dass das Zebramuster der Abwehr von lästigen – und mitunter gefährlichen – Blutsaugern dient. Mehrere Untersuchungen kamen in den vergangenen Jahren zum Schluss, dass Tsetsefliegen und Bremsen gestreifte "Opfer" eher meiden. Im Jänner berichteten Forscher in "Scientific Reports", dass sogar Menschen seltener von Insekten gequält werden, wenn sie eine entsprechende Körperbemalung tragen.

Bild nicht mehr verfügbar.

Gut gestreift ist kaum gestochen: Als Landebahnen für Bremsen sind die charakteristischen Fellzeichnungen der Zebras offenbar ungeeignet.
Foto: AP/Natacha Pisarenko

Ein internationales Forscherteam um Tim Caro von der University of California, Davis, wollte nun genauer wissen, wie sich die Musterung auf das Flugverhalten von Pferdebremsen auswirkt. Für ihre Studie im Fachblatt "Plos One" beobachteten sie das Verhalten der Blutsauger in der unmittelbaren Umgebung von Zebras und Hauspferden, die auf einer britischen Farm leben. Mithilfe von Videoanalysetechniken ließ sich im Detail nachvollziehen, welche Tiere von den Bremsen wie oft erfolgreich angeflogen und gestochen wurden.

Bremsen auf Kollisionskurs

Zunächst war dabei gar kein Unterschied feststellbar: Einfärbige Hauspferde und Zebras wurden im Durchschnitt gleich oft von Bremsen umschwirrt – aus einer gewissen Distanz. Je näher die Insekten den Unpaarhufern aber kamen, desto größer die Differenzen. Flogen sie auf ein Hauspferd zu, reduzierten sie im Landeanflug die Geschwindigkeit und setzten sicher auf den Tieren auf. Im Anflug auf die Zebras hingegen drosselten sie die Geschwindigkeit nicht, sondern rasten entweder knapp am Ziel vorbei oder prallten gegen das Fell der Tiere. "In der Folge gab es weit weniger erfolgreiche Landungen auf Zebras als auf Pferden", sagt Caro. Das wirkte sich natürlich auch auf die Stechstatistik aus.

Für ihre Studie "verkleideten" die Forscher auch Pferde als Zebras und umgekehrt.
Foto: T. Caro

Um andere Ursachen als die Fellfärbung auszuschließen, "verkleideten" die Forscher im nächsten Schritt mittels gefärbter Umhänge Pferde als Zebras und umgekehrt. Das Ergebnis: Hauspferde im Zebralook blieben weitgehend verschont, auf Zebras im Pferdeumhang landeten dagegen häufiger Bremsen. Die Streifen würden die visuelle Wahrnehmung der Insekten in den letzten Momenten vor der Landung stören, schreiben die Forscher. Wie genau das vor sich geht, bleibt aber offen. (David Rennert, 20.2.2019)