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Proeuropäische Demonstranten vor dem Londoner Parlament gaben am Mittwoch ihre Hoffnung nicht auf: Sie wollen auch in Zukunft noch die Flagge der EU schwingen.

Foto: AP/Augstein

London hält an der Forderung fest, dass die EU-27 ihre Position bezüglich einer Garantie für offene Grenzen in Irland nach dem EU-Austritt Großbritanniens modifizieren müssten. Anstatt der bisher im Brexit-Vertrag zum "Backstop" fixierten Vereinbarung – wonach Nordirland ohne Zeitlimit Teil der europäischen Zollunion bleiben müsse, auch wenn das Vereinigte Königreich in Zukunft wieder Zölle einführe – müsse eine andere Lösung gefunden werden: Der Backstop müsse rechtlich verbindlich limitiert werden, um die volle Souveränität der Regierung in London über Nordirland sicherzustellen.

Mit dieser Botschaft im Gepäck reiste Premierministerin Theresa May Mittwochabend erneut nach Brüssel, um mit EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker über den strittigsten Punkt des Brexit-Deals zu verhandeln. Sie tat das nicht zum ersten Mal, wissend, dass die EU-27 nicht einfach nachgeben werden, weil sie sich als "Schutzmacht" des EU-Mitglieds Republik Irland sehen und eine offene Grenze auf der grünen Insel Teil des beiderseits garantierten Karfreitagsabkommens ist.

Forderungen aber keine konkreten Vorstellungen

Juncker hatte kürzlich erklärt, dass die Union notfalls bereit wäre, den Brexit über den für 29. März geplanten Termin hinaus zu verschieben. Ein Schritt, dem laut einem Bericht des Nachrichtendienstes Bloomberg bis zu 15 britische Minister zustimmen könnten.

Eine rechtlich verbindliche Erklärung im bereits fertigen Austrittsvertrag werde es nicht geben – so lautet die offizielle Lesart in EU-Institutionen und bei den Regierungen der EU-27. "Niemand weiß im Augenblick, wie man dieses Problem konkret lösen könnte", sagte ein EU-Verhandler dem STANDARD. Das liege vor allem daran, dass die Briten zwar Forderungen aufstellten, aber bisher keine konkreten Vorstellungen auf den Tisch gelegt hätten.

Zwar sprach May nach ihrem Treffen mit Juncker von "Fortschritten", doch was das bedeuten sollte, erschloss sich vorerst nicht.

Gespräche der Chefverhandler wie auch mit allen am Prozess Beteiligten träten auf der Stelle, heißt es im EU-Parlament. Eine Lösung wäre, dass der Brexit-Vertrag unverändert bleibt, man aber einen kleinen Zusatzvertrag zum Backstop abschließt.

Das Patt rührt auch daher, dass die Lage im britischen Parlament von Tag zu Tag prekärer wird. Nachdem zuletzt acht Abgeordnete die Fraktion der Labour-Partei aus Protest gegen die Linie von Parteichef Jeremy Corbyn verlassen hatten, sagten sich am Mittwoch auch drei Unterhausabgeordnete der Tories von Mays Regierungspartei los. Für sie wird das Eis also immer dünner, die Chance auf eine Mehrheit für ihren Brexit-Deal geringer. (Thomas Mayer aus Brüssel, 20.2.2019)