Istanbul/Straßburg – Eine 12.000 Jahre alte Kulturstätte im antiken Mesopotamien soll in einem neuen Stausee versinken. Türkische Aktivisten und Intellektuelle wollen dies verhindern. Sie hoffen im Fall Hasankeyf auf eine Entscheidung am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) am heutigen Donnerstag in Straßburg.

Die uralte Stadt am Tigris in der osttürkischen Provinz Batman soll überflutet werden, sobald der Ilisu-Damm fertiggestellt ist. Die Kläger argumentieren unter anderem, dass mit dem Verschwinden der Stadt mit ihren Artefakten aus vielen Zivilisationen das Menschenrecht auf Bildung der kommenden Generationen verletzt werde, und fordern den Stopp der Bauarbeiten.

Kläger engagieren sich seit Jahrzehnten

Unter den Klägern sind Archäologieprofessoren, ein Architekt, der Chefredakteur einer mittlerweile eingestellten Zeitschrift und der Anwalt Murat Cano, der die Beschwerde auch eingereicht hat. Die Gruppe habe schon vor 19 Jahren mit ersten internationalen Appellen und Klagen gegen das Projekt begonnen, sagte Cano der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch. Die Beschwerde beim EGMR sei bereits seit 2006 anhängig.

"Hoffentlich sagt das Gericht der türkischen Regierung: Überzeugt uns mit einem Plan, wie das Kulturerbe gerettet werden kann, bevor ihr weiterbauen dürft", sagte der Aktivist Ercan Ayboga der Deutschen Presse-Agentur vor dem Gerichtstermin. Ayboga, ein Umweltingenieur, der heute in Deutschland lebt, hatte eine weitere Rettungsinitiative für Hasankeyf mitbegründet.

Abtransportierte Monumente

Wann die Stadt geflutet werden soll, ist noch unklar. Projektleiter waren zunächst nicht erreichbar. Während der Staudammkörper fertig zu sein scheine, gebe es noch Verzögerungen beim Bau einer Neustadt und beim Umzug historischer Monumente, sagte Ercan Ayboga.

Die türkische Regierung hat unter großem Aufwand mehrere Monumente in Einzelteilen zerlegt auf Lastwagen forttransportieren lassen. Im August ließ sie beispielsweise ein Badehaus aus dem 16. Jahrhundert aus der Gefahrenzone bringen. Allerdings sollen nur einige wenige Monumente umziehen. Der Anwalt und Kläger Cano erklärt, dass es in Hasankeyf "516 historische Stätten" gebe. "Wenn das Wasser kommt, werden die meisten darin bestattet." (APA, dpa, 21.2.2019)