Birgit Hebein (rechts) wird grüne Spitzenkandidatin bei der Wien-Wahl, die für 2020 geplant ist. Außerdem übernimmt sie von Maria Vassilakou den Posten als Verkehrsstadträtin und Vizebürgermeisterin – ab Ende Juni.

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Wien – Der Zeitpunkt für den definitiven Wechsel an der Spitze der Wiener Grünen steht fest: Neo-Spitzenkandidatin Birgit Hebein wird das Amt der Vizebürgermeisterin und Verkehrs- und Planungsstadträtin Ende Juni von Maria Vassilakou übernehmen. Das habe man inzwischen vereinbart, sagte Hebein der APA. Davor soll die designierte Frontfrau noch durch eine Kampagne bekannter gemacht werden.

Nach Rechnungsabschlussdebatte

"Wir werden Ende Juni den Übergang vollziehen. Bis dahin arbeiten wir engstens zusammen", kündigte Hebein an. Vassilakou – seit 2010 Ressortchefin und Bürgermeister-Stellvertreterin – hatte im Herbst ihren Rückzug bis spätestens Sommer 2019 angekündigt. Daraufhin wurde Hebein, bisher Sozialsprecherin im Gemeinderat, in einem neuen Wahlmodus zur Spitzenkandidatin für die Wien-Wahl 2020 und somit automatisch zur Nachfolgerin Vassilakous in der Stadtregierung auserkoren.

Bisher war unklar, wann die Stafette übergeben wird und ob der Wechsel nicht doch vorgezogen wird, um die Übergangsphase zu verkürzen. Jetzt steht fest, dass die Rochade nach der Rechnungsabschlussdebatte (24. und 25. Juni) und damit im Zuge des Gemeinderatskehraus vor der Sommerpause über die Bühne geht.

Arbeit am Bekanntheitsgrad

Bis dahin will Hebein noch an ihrer Bekanntheit arbeiten. Wobei sie "beim Billa in meinem Bezirk" (Rudolfsheim-Fünfhaus, Anm.) oder in der U-Bahn inzwischen schon öfter angesprochen werde, wie sie sagt. Breit in den Fokus gerückt werden soll die neue grüne Nummer eins dann im Frühjahr und Frühsommer mit einer Persönlichkeitskampagne. Noch nicht klar ist, ob diese schon vor der EU-Wahl, die Ende Mai stattfindet, oder erst danach gestartet wird. Hausbesuche will die Wiener Partei ebenfalls fokussieren.

Inhaltlich möchte Hebein in den kommenden Monaten – auch in Erwartung eines neuerlichen Hitzesommers – den Klimawandel ins Zentrum rücken, den sie mit der sozialen Frage verknüpfen will: "Die Klimakrise trifft vor allem alte und kranke Menschen sowie Kinder." Bei der Thematik und den Maßnahmen dagegen spielten ihre künftigen Hauptagenden Verkehr und Stadtplanung eine wesentliche Rolle, versichert Hebein.

Hebein sammelt Ideen

Bei der Frage, welches Vorhaben sie in ihrer neuen Funktion zuerst angehen will, hält sich die designierte Ressortchefin noch zurück, "es gibt ja jede Menge laufende Projekte, die enorm wichtig sind". Sie nennt etwa den geplanten Fernbusbahnhof und den Radweg-Lückenschluss an der Linken Wienzeile. Auch die zuletzt von Vassilakou mehrfach propagierte Citymaut will sie vorantreiben. Hinsichtlich eigener Initiativen ist Hebein am Ideensammeln. "Ich probiere gerade aus, wie viel Gespräche man an einem Tag führen kann", erzählt sie von Besuchen in Bezirken, bei Abteilungsleitern im Rathaus, aber auch bei zahlreichen Bürgern, die sich engagieren wollen – denn: "Mein Platz ist draußen bei den Menschen."

Langjährige Gemeinderätin

Hebein (sitzt seit 2010 für die Grünen im Gemeinderat und ist dort Sprecherin für Soziales und Sicherheit. Davor war sie fünf Jahre lang Bezirksrätin und Klubobfrau in Rudolfsheim-Fünfhaus. Außerdem war sie von 2000 bis 2002 bei der grünen Gewerkschaft Auge aktiv. Vor ihrer politischen Karriere arbeitete die diplomierte Sozialarbeiterin unter anderem im Bahnhofssozialdienst der Caritas Wien und bei der Arbeitsgemeinschaft für Wehrdienstverweigerung.

Ihren beruflichen Anfängen ist Hebein inhaltlich auch in ihrem politischen Leben treu geblieben. Sie legt ihren Fokus auf Armutsbekämpfung und soziale Gerechtigkeit. Als Beispiele für ihre Arbeitsschwerpunkte nennt sie die Ausbildung junger Menschen, den Umgang mit Obdachlosen sowie die Mindestsicherung. Denn als Sozialsprecherin war sie maßgeblich an den Verhandlungen über das neue Wiener Mindestsicherungsmodell beteiligt. Das von der SPÖ umgesetzte Alkoholverbot am Praterstern kritisierte sie scharf.

Linke Politik? "Was denn sonst?"

Auch im internen Wahlkampf im vergangenen Herbst legte sie ihren Fokus auf die Sozialpolitik. "Ohne soziale Sicherheit gibt es keinen sozialen Frieden", betonte sie. Als politisches Ziel rief sie aus, "den Menschen die Möglichkeit zu geben, ihr Schicksal selbst zu bestimmen". Außerdem setzte Hebein auf die Tatsache, dass sie die einzige Frau unter den etablierten Kandidaten war: "The future is female", lautete das Motto ihres Wahlkampfspots. Als "hartnäckige Verhandlerin", zäh und erfahren, beschreibt die 52-Jährige sich selbst.

Bei ihrer Antrittspressekonferenz versicherte sie: "Ja, natürlich mache ich linke Politik – was denn sonst?" Linke Politik bedeute Menschlichkeit, Menschenrechte, Gleichberechtigung und einen sorgsamen Umgang mit Natur und Umwelt. "Man muss sich vor linker Politik nicht fürchten." (APA, red, 21.2.2019)