Wiens Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ) und Kulturminister sowie ÖVP-Wien-Chef Gernot Blümel liegen nicht immer, aber immer öfter im Clinch.

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Blümel hat auf seiner Website die Möglichkeit geschaffen, dass Personen eine Petition mit Kritik an der Wiener Mindestsicherung direkt an Sozialstadtrat Peter Hacker schicken.

Wien – Beim Fernmeldebüro für Wien, Niederösterreich und das Burgenland ist eine politisch brisante Anzeige eingetrudelt. Die Magistratsdirektion der Stadt Wien hat die Betreiber der Domain gernot-bluemel.at wegen "unverlangter Zusendung" nach dem Telekommunikationsgesetz (TKG) angezeigt. Das Schriftstück liegt dem STANDARD vor.

Der Hintergrund: Kanzleramtsminister und ÖVP-Wien-Chef Gernot Blümel hat über seine Homepage die Möglichkeit geschaffen, dass Personen einen vorgeschriebenen Petitionsbrief mit Kritikpunkten zur Wiener Mindestsicherung direkt an die berufliche E-Mail-Adresse des Wiener Sozialstadtrats Peter Hacker (SPÖ) senden können. Fast 1.500 E-Mails mit demselben Inhalt kamen allein zwischen 24. Jänner und 5. Februar in Hackers Postfach an.

Forderung nach Mindestsicherungsreform

Inhaltlich geht es in der E-Mail mit der Betreffzeile "Ja zur Mindestsicherungsreform auch in Wien!" darum, dass Hacker die geplante Reform der türkis-blauen Bundesregierung "nicht länger blockieren" solle. Rot-Grün habe in Wien "nicht mehr als eine kosmetische Alibi-Reform zustande gebracht".

Die Vergabe der Sozialhilfe durch Wien habe auch der Rechnungshof "mehrfach kritisiert". "Neue Gerechtigkeit" gebe es nur mit der Reform durch den Bund. "Denn wer arbeitet, darf in dieser Stadt nicht länger der Dumme sein", steht als längst bekannter ÖVP-Slogan ebenfalls im vorgefertigten Brief.

ÖVP-Sitz als Vereinsadresse

Unterstützer der Blümel-Forderung konnten zwar Felder für Vorname, Nachname und E-Mail-Adresse ausfüllen. In Hackers E-Mail-Postfach war als Absender freilich nur team@gernot-bluemel.at ersichtlich. Unterzeichnet wurde die Mail nur mit "Herzliche Grüße". Herausgeber von Blümels Website ist der "Verein zur Förderung bürgerlicher Politik". Dieser sitzt, wie die ÖVP, in der Lichtenfelsgasse 7.

Die Magistratsdirektion Wien sieht in der Massenmail der ÖVP einen verwaltungsstrafrechtlich relevanten Sachverhalt erfüllt. Demnach werben alle gleichlautenden E-Mails für eine bestimmte Idee oder für ein bestimmtes politisches Anliegen, womit sie als Direktwerbung zu qualifizieren sind. Laut Paragraf 107 TKG sind solche Mails unzulässig, wenn zuvor dem Empfang nicht zugestimmt wurde. Als Strafrahmen sieht das TKG eine Geldstrafe bis zu 37.000 Euro vor.

Damit wird der Streit zwischen dem rot-grünen Wien und dem türkis-blauen Bund um die Mindestsicherungsreform auf einer weiteren Ebene ausgefochten. Hacker hatte bereits angekündigt, dass Wien den türkis-blauen Entwurf so nicht umsetzen werde. Einen Gesprächstermin zwischen Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) und den Soziallandesräten gibt es "noch immer nicht", wie ein Sprecher Hackers am Donnerstag dem STANDARD sagte.

Fernmeldebehörde leitet kein Verfahren ein

Die Fernmeldebehörde untersteht Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ). Auf STANDARD-Anfrage teilte ein Sprecher Hofers mit, dass aus Sicht der Fernmeldebehörde "kein Verstoß nach dem TKG vorliegt". Geprüft wurde demnach hinsichtlich grober Belästigung beziehungsweise Werbezusendung. "Die Fernmeldebehörde 1. Instanz wird daher kein Verfahren einleiten", hieß es am Donnerstag in der Stellungnahme. (David Krutzler, 21.2.2019)