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Papst Franziskus auf dem Weg zum Auftakt der Missbrauchskonferenz. In seiner Eröffnungsrede forderte er, den "Schrei der Kleinen" zu erhören. Konkrete Schritte wurden noch nicht besprochen.

Foto: Vincenzo Pinto/Pool Photo via AP

"Auf unserem Treffen lastet das Gewicht der pastoralen und kirchlichen Verantwortung, die uns verpflichtet, gemeinsam auf synodale, aufrichtige und gründliche Weise darüber zu diskutieren, wie wir diesem Übel entgegentreten können, das die Kirche und die Menschheit heimsucht", erklärte der Papst am Donnerstag in seiner Eröffnungsrede.

Die Augen der Welt seien auf das Treffen zu den Missbrauchsfällen im Vatikan gerichtet – "und erwartet werden von uns nicht einfache, selbstverständliche Verurteilungen, sondern konkrete und wirksame Maßnahmen, die zu erstellen sind", sagte Franziskus. Dem "Schrei der Kleinen, die Gerechtigkeit verlangen", müsse Gehör geschenkt werden.

Aussagen der Opfer

An der Missbrauchskonferenz nehmen insgesamt 190 Kirchenleute teil. Mit 114 Teilnehmern bilden dabei die Vorsitzenden der nationalen Bischofskonferenzen die größte und wichtigste Abordnung. Hinzu kommen zwölf männliche und zehn weibliche Ordensobere sowie die Leiter einiger Kurienbehörden und einige Kinderschutzexperten und Missbrauchsopfer. Vor den ersten Reden sind in der vatikanischen Synodenaula Videoaufzeichnungen abgespielt worden, in denen fünf Missbrauchsopfer – vier Männer und eine Frau – über das Leid berichteten, das ihnen von pädophilen Priestern angetan wurde.

Der erste Tag der Konferenz war dem Thema der bischöflichen Verantwortung gewidmet. Der Erzbischof von Bogotá und Vorsitzende der südamerikanischen Bischöfe, Rubén Salazar Gomez, sprach sich dabei in unmissverständlichen Worten gegen eine klerikale Unkultur aus, die wegschaue und damit die Verantwortung der Bischöfe negiere.

Salazar forderte einen verbindlichen Verhaltenskodex für Bischöfe bei Missbrauchsfällen, der sicherstelle, "dass die Rechte und Würde der Betroffenen immer den Vorrang haben vor anderen Überlegungen", etwa dem Ruf der Kirche oder des Bistums. Die Kirche müsse nun "entschieden handeln", sagte der südamerikanische Kardinal.

Erste Enttäuschung

Doch gerade was das "entschiedene Handeln" oder die von Papst Franziskus angemahnte "Konkretheit" anbelangt, sind Opfervertreter bisher noch eher skeptisch. Eine erste Enttäuschung erlebten zwölf angereiste Missbrauchsopfer schon am Mittwoch vor dem Treffen: Sie konnten ihre Anliegen zwar den Organisatoren der Konferenz vortragen, aber der Papst ließ sich nicht blicken.

"Wenn er sich schon mit allen Bischöfen treffen kann, warum dann nicht auch mit uns", fragte Peter Isely von der Opferorganisation Ending Clergy Abuse (ECA). Laut Isely ist nun genug herumgeredet worden: "Wir wollen, dass der Papst nun die null Toleranz auch wirklich in die Praxis umsetzt."

"Viel Betroffenheitsgerede"

Als "reine PR-Aktion" bezeichnete die Geschäftsführerin des US-Netzwerks von Missbrauchsopfern SNAP, Barbara Dorris, das Treffen im Vatikan. Sie forderte Franziskus auf, Täter öffentlich ihrer Ämter zu entheben und ebenso öffentlich zu machen, wer ihre kriminellen Taten decke. In den Augen der Reformbewegung "Wir sind Kirche" ist das Treffen im Vatikan "ein Schicksalsgipfel" für den Papst und die Kirche. "Es gibt viel Betroffenheitsgerede", sagte Sprecher Christian Weisner. Was man aber brauche, seien klare Anweisungen, wie mit Verdachtsfällen umzugehen sei.

Indessen hatte sich der indische Kardinal Oswald Garcias zu Wort gemeldet. Er ist einer der Mitinitiatoren des Gipfels und gab zu, dass er mutmaßliche Missbrauchsopfer vernachlässigt habe. Recherchen der BBC hatten ergeben, dass Garcias in zumindest zwei Fällen zu langsam auf Vorwürfe reagiert oder Opfer nicht unterstützt hatte. (Dominik Straub aus Vatikanstadt, 21.2.2019)