Im riesigen Innenhof der einstigen Kavalleriekaserne kommen die historischen Gewölbe voll zur Geltung.

Foto: Wolfgang Prummer / steppenseestudio.at

In den Wohnungen wurden Eichenparkettböden verlegt.

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Stativa Francisco Josephina viribus unitis, errichtet in den Jahren 1853 bis 1856." Die Vergoldung des Schriftzugs im Tempelgiebel des Mittelrisalits hat rund 15.000 Euro gekostet. Es war ein einstimmiger Beschluss des Architekten und des Bundesdenkmalamts.

"Wenn man schon ein Kasernengebäude in ein Schloss verwandelt", erklärt der zuständige Planer Ernst Unterluggauer, während er auf die im Südsonnenlicht funkelnden Lettern hindeutet, "dann muss man es auch richtig machen. Dieses Gebäude hat eine unglaubliche Wandlung durchgemacht. Von den Stockbetten und von den Übungen auf dem Exerzierplatz ist heute nicht mehr viel zu spüren."

Seit der Auflösung im Jahr 2004 stand die rund 160 Jahre alte Berger-Kaserne im Herzen Neusiedls, Untere Hauptstraße 99, komplett leer. Der Zahn der Zeit nagte am Gemäuer, und man kann von überburgenländischem Glück sprechen, dass der gemeinnützige Bauträger Arwag, der das Objekt seinerzeit kaufte und mittels Vollwärmeschutzfassade und eingezogenen Zwischendecken mit geförderten Wohnungen vollstopfen wollte, wieder die Finger davon ließ. An seine Stelle trat die Soravia Group mit ihrem Tochterunternehmen Ifa AG, das seit mehr als 40 Jahren Mittel von privaten und institutionellen Anlegern in zum Teil hochwertige Prime-Immobilien veranlagt. Die Investition in dieses Projekt (Grundstückskauf und Sanierung) beläuft sich auf 23,5 Millionen Euro.

Historischer Vierkanter

"Natürlich vermarktet sich ein Schloss besser als eine Kaserne", sagt Unterluggauer, der gemeinsam mit seinen beiden Partnern Djordje Milos evic und Zaid Al Khafaji das Wiener Büro u.m.a. architektur leitet. "Aber die Assoziation und das neue Wording sind nicht frei erfunden, sondern liegen in der Bauweise dieses Gebäudes verankert. Ursprünglich wurde es unter Kaiser Franz Joseph als Kavalleriekaserne errichtet. Durch die Stallungen im Erdgeschoß und die darüberliegenden Wohnungen für die Reiter ergibt sich in der Tat eine schlossartige Anmutung mit steinernen Säulen und Gewölben, mit breiten, ausladenden Rundbögen und mit umlaufenden Arkadengängen, die den ehemaligen Exerzierplatz umranden. Dieses Potenzial haben wir genutzt."

Originalgetreu sanieren

Während die beiden nordseitigen, zentrumsabgeneigten und zum Teil schon baulich stark veränderten Kasernentrakte abgerissen wurden, um einer zwei- bis dreigeschoßigen geförderten Wohnhausanlage zu weichen, wurde der historisch wertvolle Vierkanter an der Hauptstraße (Innenhof 84 mal 62 Meter) in enger Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt generalsaniert und umgebaut. "Wir haben den Bestand, was Materialität und Verarbeitungstechnik betrifft, originalgetreu sanieren und revitalisieren lassen", sagt der burgenländische Landeskonservator Peter Adam auf Anfrage des STANDARD. "Das Projekt ist nicht zuletzt deshalb ein Erfolg, weil alle beteiligten Partner den Wert dieser Anlage erkannt und von Anfang an respektiert haben."

Angewandte historische Baukunde

Zum Ausstattungskatalog zählen, wie Oliver Zotter, Bauleiter bei der Dywidag, und Thomas Vertacnik, technischer Projektmanager der Ifa AG und Soravia Service GmbH, erklären, Steinböden mit gebrochener Kante, gestockte Beton- und Terrazzoflächen, die die Anmutung der alten Steintreppen aufnehmen, sowie eigens angemischte Kalkschlemmen, die mittels Bürstenstrich auf die alten Bestandsmauern aufgetragen wurden.

An der Fassade wurde Kalkzementmörtel verwendet, der mittels Nass-in-nass-Technik direkt in den noch feuchten Putz eingearbeitet wurde. Auf diese Weise ergibt sich die charakteristische, originalgetreu fleckige Anmutung des Hauses. Hinzu kommen Eichenparkettböden, Steinzeug in den Nasszellen und kleine, an altmodische Hotelzimmer erinnernde Messingnummernschilder an den Türzargen. "Das ist angewandte historische Baukunde", sagt Ernst Unterluggauer. "Ich bin jetzt seit 30 Jahren Architekt, aber bei diesem Projekt habe ich wirklich Bauen gelernt."

Das Schloss Neusiedl umfasst 106 Wohnungen zwischen 38 und 145 Quadratmetern, die allesamt unbefristet vermietet werden. Damit fügt sich das Projekt ins Kerngeschäft der Ifa, die ihren Anlegern steuerliche Abschreibposten für 25 Jahre errichtet. Die Mietpreise liegen je nach Wohnungstyp und Lage bei rund zwölf Euro brutto pro Quadratmeter. Nach Auskunft der Architekten sind derzeit rund 30 Prozent der Wohnungen, die erst vor einem Monat übergeben wurden, vermietet. (Wojciech Czaja, 23.2.2019)