Electronic Arts
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Mit Bioware hat Electronic Arts 2007 ein Studio gekauft, das für seine Singleplayer-Games großen Respekt und Anerkennung bei Spielern und auch innerhalb der Branche genoss. Dank Games wie "Baldur's Gate", "Star Wars: Knights of the Old Republic" und der "Mass Effect"-Trilogie hatte die kanadische Spieleschmiede einen gewissen Legendenstatus. Ihre Spiele waren Pflichtprogramm für all jene, die gute Geschichten in ihren Games nicht missen wollten. Zwölf Jahre später sieht die Bilanz des Studios nicht mehr ganz so prächtig aus. "Dragon Age: Inquisition" und "Mass Effect: Andromeda" waren zwar keine kompletten Flops, aber erschreckend mittelmäßig – vor allem bei Betrachtung vergangener Werke. Die Erwartungen an "Anthem", einen Shared-World-Loot-Shooter, waren deswegen groß.

Anthem Game

2012 startete die Entwicklung des Games, erstmals gezeigt wurde es im Rahmen der E3 2017. "Anthem", sagt der ehemalige EA-Manager Patrick Söderlund, soll eine zehnjährige Reise mit Bioware mit sich bringen. Auch bei einem Preview-Event wurde dem STANDARD gesagt, dass man große Pläne habe und beständig neue Inhalte in dem Spiel integriert würden.

Das Fundament von "Anthem" ist eine Welt, in der Freelancer in sogenannten Javelins das Böse bekämpfen, sei es in Form von Monstern oder anderen Menschen. Bei den Javelins handelt es sich um spezielle Anzüge mit unterschiedlichen Eigenschaften und Fähigkeiten.

Wie bei einem Loot-Shooter üblich, müssen Spielfiguren durch Upgrades, Loot- und Level-Aufstiege in Killermaschinen verwandelt werden. Verdient werden die Boni durch Missionen oder Entdeckung der offenen Welt, wo Spieler in ihren Anzügen frei herumfliegen können. Rückzugsgebiet und Zentrum der Story bildet Fort Tarsis, wo mit Charakteren gesprochen, Aufgaben gesammelt oder die Spielfigur verbessert wird. Dort gibt es auch einen Store, wo Spieler Echtgeld einwerfen können. Dieses ist für den Kauf von kosmetischen Inhalten vorgesehen, bessere Anzüge oder Upgrades kann man sich auf diesem Wege nicht kaufen.

Die Missionen und die Erkundung der offenen Welt können allein bestritten werden. Am besten spielt sich das Game aber laut Bioware zu viert. Dies ist auf die unterschiedlichen Stärken und Schwächen der Javelins zurückzuführen. Manche Spielfiguren weisen etwa besonders schnelle Angriffe auf, andere wiederum können viel Schaden einstecken. Das Team wird entweder aus zufälligen Spielern zusammengewürfelt oder mit Freunden befüllt. Kämpfe gegen menschliche Gegner gibt es nicht. Laut Casey Hudson, dem Geschäftsführer des Studios, liegt der Fokus des Shooters auch auf PvE, also den Kämpfen gegen KI-Gegner. PvP dürfte also wohl auch in Zukunft nicht Teil des Spiels werden.

Anthem Game

Was ist gelungen?

"Anthem" ist eine Augenweide. Die offene Welt ist wunderschön anzusehen und zu entdecken. Mit dem Kampfanzug herumzufliegen ist außerdem ein großer Spaß. Allgemein kann das Spiel hinsichtlich der Präsentation punkten – hier liegt eindeutig die große Stärke.

Was ist weniger gelungen?

Das Spiel wurde viel zu früh veröffentlicht. Die Missionen sind höchst repetitiv und verärgern zusätzlich dadurch, dass man Checklisten abarbeiten muss. Wirklich spannende Aufgaben gibt es aktuell nicht – man fliegt zu einem gewissen Punkt, bekämpft Gegnerwellen, öffnet vielleicht eine Truhe oder einen Käfig, fliegt zum nächsten Punkt, und so weiter. Die ständige Wiederholung wird nach der Bewältigung von ungefähr einem Drittel der Story-Kampagne ungewollterweise deutlich illustriert: Spieler können sie nicht mehr fortsetzen, bevor sie eine elendig lange Liste an Aufgaben erledigt haben, die genauso gut aus Wörterbuchbeispielen für Grinding entnommen sein könnte: "Sammeln Sie 15 Truhen in der offenen Welt", "töten Sie 50 Gegner im Nahkampf", und so weiter.

Zusätzlich frustet die Tatsache, dass man selbst mit einem potenten Rechner längeren Wartezeiten ausgesetzt ist. Der gemessene Höchstwert waren 40 Sekunden. Die Ladebildschirme sind aber nicht nur lange, sondern auch häufig: Selbst das Öffnen des Inventars, um die Ausrüstung zu verändern, benötigt Wartezeit. Ein Day-One-Patch konnte hier nicht Abhilfe schaffen. Immer wieder kommt es außerdem vor, dass man durch Glitches oder Bugs eine Mission gar nicht beenden kann.

Auch die vorläufige Story ist nicht gelungen. Sie ist vielmehr ein Gerüst davon, was möglich gewesen wäre. Entscheidungen haben keine Auswirkungen, und Dialoge bieten kaum Tiefgang, um in die Geschichte von "Anthem" hineingezogen zu werden. Allgemein fühlt sich die Aufteilung von Fort Tarsis und der restlichen Welt des Spiels wie zwei Universen an, die miteinander konkurrieren. Die Charaktere fallen in den meisten Fällen generisch aus, auch der Antagonist der Geschichte, der "Monitor" erinnert eher an einen eindimensionalen Kinderbuch-Bösewicht als eine ernstzunehmende Gefahr mit glaubwürdigen Motiven. Die Welt von "Anthem" ist zwar schön anzusehen, aber leblos und ohne wirklichen Charme. Bei einem Story-Experten wie Bioware absolut verwunderlich – bei älteren Games konnte das Studio gerade bei diesen Aspekten punkten.

Zuletzt schafft es "Anthem" auch nicht, den Drang zu befriedigen, die Spielfigur durchgehend mit besserem Loot und Upgrades zu versehen. Waffen und Fähigkeiten bleiben nämlich im Grunde durchgehend gleich und verbessern sich zumeist nur in Bezug auf die Schadenspunkte, die sie zufügen. Das Endgame unterscheidet sich kaum vom Start des Spiels hinsichtlich der Auseinandersetzungen. Gegner sind stärker, man selbst jene Figur vom Anfang des Games auf Steroiden. Hat das Kampfsystem noch anfangs Spaß gemacht, bereitet die fehlende Abwechslung auf Dauer nur mehr Langeweile.

Anthem Game

Fazit

Bioware hat bei der Präsentation von "Anthem" Großartiges geleistet, das muss man anerkennen. Doch abseits der wunderschönen Welt tun sich große Abgründe auf. Dabei hat sich das Studio ein hart umkämpftes Genre ausgesucht: Mit Marktgrößen wie "Destiny" und "Warframe", die aufgrund ihres jahrelangen Bestehens Fans von Loot-Shootern bereits eine Fülle an Inhalten bieten, hätte sich das Unternehmen vor allem mit einer epischen Geschichte durchsetzen können. Gelungen ist das allerdings mitnichten: Die Story ist schwach, die Missionen repetitiv und der Spielspaß einfach nicht gegeben.

Zudem stößt man immer wieder auf technische Mängel, etwa auf längere Wartezeiten oder schwerwiegende Bugs. Bioware und EA haben ambitionierte Pläne mit dem Spiel, es kann also sein, dass besagte Kritikpunkte im Laufe der Zeit ausgemerzt werden. Aktuell ist "Anthem" aber nur ein schwaches Fundament eines vielversprechenden Spiels – wenn überhaupt. (Daniel Koller, Muzayen Al-Youssef, 24.2.2019)