Graz leistet sich eine stadteigene Ordnungswache.

Foto: Elmar Gubisch

Städtische Ordnungstrupps erhalten immer mehr polizeiliche Kompetenzen, wie etwa in Linz die Befugnis für Ausweiskontrollen. Polizeibelange fallen zwar grundsätzlich in die Zuständigkeit des Bundes und die Gesetzgebung für die allgemeine Sicherheitspolizei obliegt dem Nationalrat und dem Bundesrat. Die örtliche Sicherheitspolizei ist aber so wie Baurecht, Jagdrecht oder Naturschutz Ländersache. Im Fall der Linzer Stadtwache wurde im Landtag das oberösterreichische Polizeistrafgesetz novelliert.

Frage: Gibt es einen Unterschied zwischen Stadtwache und Stadtpolizei?

Antwort: Ja, die Stadtpolizei hat wesentlich mehr Kompetenzen. Sie heißt korrekt Gemeindewachkörper oder Gemeindesicherheitswache. Rund 50 Gemeinden in Österreich leisten sich so eine Stadtpolizei. Deren Mitarbeiter, oft abgeworbene Bundespolizisten, stehen im Sold der Gemeinde, sie haben innerhalb ihres Einsatzbereiches die vollen sicherheitspolizeilichen Befugnisse. Mit den Polizeiinspektionen des Bundes haben sie aber nichts zu tun.

Frage: Und die Stadtwache?

Antwort: Jetzt wird es ein wenig kompliziert: In den meisten Städten mit eigenem Statut sowie in Städten, in denen die jeweilige Landespolizeidirektion zugleich die erste Instanz der Sicherheitsbehörde ist, darf es keine Stadtpolizei geben. Das trifft etwa auf Wien und alle Landeshauptstädte mit Ausnahme von Bregenz zu. Deshalb wurden in einigen Städten andere Kontrolltrupps geschaffen: eben der Ordnungsdienst in Linz, die Mobile Überwachungsgruppe in Innsbruck, das Ordnungsamt Klagenfurt, die Ordnungswache Graz und die Ordnungswache in Wels. In Salzburg wird gerade über die Schaffung einer Truppe diskutiert. Aufgabenbereiche und Befugnisse sind von Stadt zu Stadt unterschiedlich. Es geht aber immer nur um Verwaltungsangelegenheiten wie Überwachung von Parkraum, Bettelzonen und Alkoholverbot.

Frage: Dürfen städtische Ordnungstrupps Polizeiuniformen tragen?

Antwort: Nein, das wäre Amtsanmaßung. Ordnungsdienste dürfen aber eigene Uniformen entwerfen und verwenden. Die Mobile Überwachungsgruppe der Stadt Innsbruck etwa sieht der Bundespolizei recht ähnlich.

Frage: Und welche polizeilichen Kompetenzen hat eine private Bürgerwehr?

Antwort: Keine.

Frage: Aber Nachbarschaftsaufpasser und private Securityleute dürfen doch Verdächtige oder Randalierer anhalten.

Antwort: Das darf in Österreich jeder. Laut Paragraf 80 der Strafprozessordnung haben alle Bürgerinnen und Bürger das Recht, eine Person, die eine gerichtlich strafbare Handlung begangen hat (oder ganz offensichtlich begehen wird), anzuhalten. Es handelt sich jedoch um keine Pflicht. Die Polizei muss "ohne unnötigen Aufschub" von einer Anhaltung in Kenntnis gesetzt werden.

Frage: Darf ich einen Verdächtigen festhalten bzw. darf bei einer Anhaltung Gewalt angewendet werden?

Antwort: Im Gesetz ist von "angemessener" Art und Weise die Rede. "Greifen Sie mich nicht an!" ist zwar kein gesetzlich gedecktes Gegenargument. Ab zehn Minuten Festhalten wird es aber eng, weil ab dieser Dauer das Anhalterecht mit dem Straftatbestand Freiheitsentziehung kollidiert. Gewalt darf nur als Gegengewalt angewendet werden – und auch hier nur angemessen. Wer von einem Verdächtigen weggestoßen wird, darf diesen nicht gleich niederschlagen. Die Rechtssprechung lässt aber Spielraum: Einem Mann, der von einem Verdächtigen geohrfeigt wurde und diesem dann mehrere Faustschläge verpasst hatte, wurde vom Obersten Gerichtshof recht gegeben. Wer hingegen einen Verdächtigen vorsorglich "unschädlich" macht, um ihn daran zu hindern wegzulaufen, macht sich selbst strafbar.

Frage: Dürfen Privatpersonen Autofahrer, die bei Rot über die Ampel gefahren sind, an- und festhalten?

Antwort: Nein, denn das ist ja nur ein Verwaltungsdelikt. Das Anhalterecht gilt ausschließlich für Delikte aus dem Strafgesetzbuch.

Frage: Wie sieht es mit Schwarzfahren aus? Das ist ja auch nur ein Verwaltungsdelikt.

Antwort: Kommt darauf an. Schwarzfahren allein ist keine gerichtliche Straftat. Wer aber einen manipulierten Fahrschein oder einen gefälschten Ausweis herzeigt, macht sich der Täuschung oder des Betrugs verdächtig – dann greift das Anhalterecht. Kontrollore berufen sich aber ohnehin auf eine andere gesetzliche Grundlage: In Paragraf 344 im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch heißt es, dass man zur Wahrung und Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche selbst Hand anlegen darf, wenn zu befürchten ist, dass behördliche Hilfe zu spät kommt. Der Oberste Gerichtshof hat 2007 entschieden, dass Kontrollore dieses Selbsthilferecht auf ihrer Seite haben. Wieder gilt: Die kurzfristige Anhaltung bis zur Identitätsfeststellung durch die Polizei darf nicht mit roher Gewalt erzwungen werden. (Michael Simoner, 25.2.2019)