Wien – Für den Staatsanwalt ist klar, dass Ramin W. (Name geändert, Anm.) ein gefährlicher und skrupelloser Serientäter ist. "Er dürfte eine bewusste Masche entwickelt haben: Er kontaktierte afghanische Frauen via Facebook und baute Vertrauen auf. Wenn sie dann in seiner Wohnung waren, hat er mit ihnen Alkohol getrunken und sie geschlechtlich genötigt oder missbraucht", ist der Ankläger vor dem Schöffensenat unter Vorsitz von Stefan Renner überzeugt.

Zwei Vorfälle werden dem 26-jährigen Afghanen zur Last gelegt: Im Februar 2018 soll er mit der 24-jährigen Frau H. Geschlechtsverkehr gehabt haben, während diese nach dem Konsum "erheblicher Mengen Rotweins" schlief. Anfang April soll W. dann die 21-jährige A. in seiner Wohnung zum Alkoholkonsum gezwungen, geschlagen und bedroht haben. Sein Ziel: Sie sollte einen Minirock und ein Top anziehen, danach musste sie sich ausziehen und von ihm berühren lassen.

Nacktvideo angeblich mit Einverständnis der Frau

Der Angeklagte bestreitet die Vorwürfe: H. habe sich von ihm massieren lassen, bei dieser Gelegenheit habe er auch zwei sichergestellte Videos mit ihrem Einverständnis angefertigt. A. habe er zwar bei einem Besuch einvernehmlich geküsst, sie sei dann der Meinung gewesen, er müsse sie deshalb demnächst heiraten.

Seine Vergangenheit wirkt sich eher ungünstig auf W.s Image vor dem Senat aus. "Haben Sie ein Problem mit Gewalt gegen Frauen?", fragt Vorsitzender Renner den werdenden Vater. "Nein", antwortet dieser. Was seltsam ist, da er bereits zuvor fünfmal deshalb angezeigt worden war, was zu drei Vorstrafen mit sieben Monaten offener Probezeit führte.

Unglaubwürdig klingt auch die Menge Alkohol, die die 21-jährige A. mit ihm freiwillig konsumiert haben soll. Laut Angeklagtem habe die 50 Kilo schwere Frau in sechs Stunden eineinhalb Liter Rotwein und einen halben Liter Wodka gekippt. Nach ein Uhr Früh seien sie an die frische Luft gegangen und gelaufen, um den Alkohol abzubauen.

Taxifahrer bemerkte Verfolgung

Taxifahrer Mahmut F. sagt als Zeuge anderes aus: Er beobachtete bei seiner nächtlichen Tour eine Frau, die vor einem Mann weglief. Als er stoppte, sei der Verfolger verschwunden, die aufgelöste Frau habe ihn gebeten, die Polizei zu rufen und von Schlägen berichtet.

Mysteriöser ist die Sache im Fall der 24-Jährigen. Die ging erst im August zur Polizei, nachdem jemand ihrer Schwester ein Handyvideo geschickt hatte. Der Inhalt: H. liegt nackt auf dem Bauch und hat den Kopf auf den verschränkten Händen, während W. in die Kamera grinst und dann beginnt, H.s Gesäß zu kneten. Ob sie wach ist, ist nicht erkennbar. Ein zweiter Film zeigt H. beim Anziehen, wobei sie ins Objektiv blickt und eine wegwerfende Handbewegung macht. Ihre Schwester sowie ihre beste Freundin sagen aus, H. habe ihnen im Frühjahr erzählt, W. sei ihr Freund, von einem Übergriff hatte sie nie etwas erwähnt.

Von diesem Vorwurf wird der Angeklagte freigesprochen, für die Causa A. fasst er ebenso nicht rechtskräftig zweieinhalb Jahre unbedingt aus, dazu wird die offene Vorstrafe widerrufen. (Michael Möseneder, 22.2.2019)