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Viktor Orbán sorgt mit seinen Angriffen für Empörung.

Foto: AP / Szilard Koszticsak

Unter dem wachsenden Druck aus den Reihen der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) steht Ungarns starker Mann Viktor Orbán unbeirrt zu seinem jüngsten, gegen die EU-Institutionen gerichteten Plakatfeldzug. "Eine Kampagne wie diese entlarvt die Brüsseler Bürokraten", tönte der rechtspopulistische Regierungschef am Freitag im staatlichen Radio. "Die gegenwärtige migrationsfördernde Mehrheit in Brüssel will die Einwanderung steigern, was bedeuten würde, dass Europa nicht mehr den Europäern gehört."

Am Freitag waren die neuen Plakate in der ungarischen Hauptstadt schon nahezu omnipräsent. Sie zeigen EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und den liberalen US-Milliardär und Demokratieförderer George Soros in unvorteilhafter Pose, ergänzt um Textzeilen, die suggerieren, dass die beiden die illegale Migration nach Europa anheizen würden.

Im Stil der 1930er-Jahre

Orbáns Regierungspartei Fidesz ist ebenso Mitglied der EVP wie die österreichische ÖVP oder die deutschen Unionsparteien CDU und CSU. Juncker entstammt der EVP, vor fünf Jahren war er als ihr Spitzenkandidat zum Kommissionspräsidenten gewählt worden. Der hetzerische Angriff auf ihn in der Bildsprache der 1930er-Jahre hatte unter den EVP-Mitgliedern Entsetzen und Empörung ausgelöst. Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz verurteilte die ungarische Sudelkampagne ebenso wie seine Berliner Amtskollegin Angela Merkel und EVP-Fraktionschef Manfred Werber. Letzterer möchte als Spitzenkandidat der Konservativen nach der Europawahl im Mai Junckers Nachfolger werden.

Anders als einige skandinavische Mitglieder gingen Kurz, Merkel und Weber nicht so weit, den Ausschluss von Orbáns Fidesz aus der EVP zu fordern. Doch die Dynamik der "Plakataffäre" kann die Spitzenkandidatur Webers durchaus beschädigen, zumal Orbán nach jeder Kritik genüsslich noch eins drauflegt. Zur Aussicht auf eine außerordentliche EVP-Fraktionssitzung Anfang März, bei der man ihn gerne zur Ordnung rufen würde, gab er sich im Radio-Interview am Freitag kämpferisch: "Hoppauf, wir sind bereit!"

Hinauswurf bewusst provoziert?

In Budapest fragen sich Beobachter, ob Orbán den Hinauswurf aus der EVP bewusst provozieren möchte, oder nur darauf spekuliert, dass sich die EVP vor dem Urnengang im Mai nicht dazu wird durchringen können.

Mit der Plakataktion sei Orbán "Webers Kampagne in den Rücken gefallen", zitierte der ungarische Privatsender ATV einen namentlich nicht genannten EU-Abgeordneten der Fidesz. Ein EVP-Ausschluss sei "eine schwierige Sache", so die Einschätzung dieser Quelle, "doch jetzt liegt das im Bereich des Möglichen". (Gregor Mayer aus Budapest, 22.2.2019)