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Auch auf dieser Grenzbrücke zwischen Venezuela und Kolumbien kam es am Wochenende zu Zusammenstößen.

Foto: Reuters / Edgard Garrido

Aus Juan Guaidós Sicht schien der Zeitpunkt für einen weiteren Hilferuf günstig zu sein: Unmittelbar nach den blutigen Zusammenstößen am vergangenen Wochenende und vor einem Treffen der sogenannten Lima-Gruppe am Montag in Kolumbiens Hauptstadt Bogotá warb Venezuelas selbsternannter Interimspräsident erneut um Unterstützung für seinen Kampf gegen das Regime von Staatschef Nicolás Maduro: "Ein Volk, das entschlossen ist, frei zu sein, kann nicht bezwungen werden", schrieb er am Montag auf dem Kurznachrichtendienst Twitter, der immer häufiger zur Plattform der internationalen Diplomatie wird – auf der man allerdings mehr über- als miteinander redet.

Zuvor hatte auch Guaidó seine Partner im Ausland aufgerufen, "zur Befreiung" Venezuelas "alle Optionen offenzuhalten". Julio Borges, Guaidós Botschafter für die aus vorwiegend südamerikanischen Staaten bestehende Lima-Gruppe, wurde noch konkreter: Er kündigte im Vorfeld des Treffens an, es werde in Bogotá nicht nur darum gehen, eine Erhöhung des diplomatischen Drucks zu fordern, sondern auch "die Anwendung von Gewalt gegen Nicolás Maduros Diktatur".

Beschlossen wurde dann, den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag anzurufen. Dieser soll die Weigerung von Präsident Nicolás Maduro, ausländische Hilfe ins Land zu lassen, als Verbrechen gegen die Menschlichkeit ahnden, erklärte die Lima-Gruppe am Montag.

Brasilien gegen US-Militäreinsatz

Den Einsatz von Gewalt, um Maduró zum Rücktritt zu zwingen, lehnten sie allerdings ab. Die Venezolaner sollten selbst auf friedlichem Wege und im Rahmen ihrer Verfassung für den demokratischen Wandel sorgen. Brasiliens Außenminister Hamilton Mourão erklärte, sein Land stehe sich nicht als Aufmarschgebiet für eine US-Militärintervention zur Verfügung.

Treffen zwischen Guaido und Lima-Gruppe.
ORF

US-Präsident Donald Trump hatte schon vor Wochen erklärt, in Venezuela auch eine militärische "Option" nicht auszuschließen. Ähnlich steckten vor dem Treffen in Bogotá nun auch andere hochrangige US-Politiker die Position Washingtons ab: "Wir haben gesagt, dass jede Option auf dem Tisch liegt", bekräftigte Außenminister Mike Pompeo in einem Interview für Fox News. Dem Sender CNN sagte er, das venezolanische Volk werde dafür sorgen, dass Maduros Tage gezählt seien.

EU will vermitteln

US-Vizepräsident Mike Pence, der persönlich an den Beratungen der Lima-Gruppe teilnehmen wollte, ließ ebenfalls durchblicken, dass Washington den Druck auf Maduro erhöhen will: "Es ist Zeit für ein freies und demokratisches Venezuela", twitterte er vor seiner Abreise nach Bogotá.

Zurückhaltendere Töne kamen aus der Europäischen Union: "Eine militärische Intervention muss vermieden werden", sagte eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini am Montag in Brüssel. Die EU sei mit allen Beteiligten des Konfliktes in dem südamerikanischen Land in Kontakt.

UN-Generalsekretär António Guterres rief ebenfalls alle Seiten dazu auf, eine weitere Eskalation zu vermeiden. Dabei hat er wohl nicht nur die Lage vor Ort im Blick, sondern auch die geopolitischen Aspekte des Konflikts: Russland und China nämlich unterstützen die Regierung des venezolanischen Staatschefs Maduro. China hat zuletzt ausdrücklich vor der Einmischung in interne Angelegenheiten Venezuelas gewarnt. Der Einsatz "sogenannter humanitärer Hilfen" für politische Zwecke werde abgelehnt, teilte das Außenministerium in Peking am Montag mit.

Am Wochenende war es beim gescheiterten Versuch, humanitäre Hilfe von Kolumbien und Brasilien nach Venezuela zu bringen, an Grenzübergängen zu den beiden Ländern zu Auseinandersetzungen mit venezolanischen Sicherheitskräften gekommen. Dabei wurden laut Angaben von Michelle Bachelet, der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, mindestens vier Menschen getötet und mehr als 300 verletzt.

"Humanitäre Lawine"

Juan Guaidó, der die Aktion unter dem Motto "humanitäre Lawine" initiiert hatte, hatte das venezolanische Militär aufgefordert, die Lebensmittel und Medikamente passieren zu lassen. Maduro aber lehnt Hilfslieferungen ab, die für ihn bloß Vorboten eines militärischen Eingreifens der USA sind. "Wir werden das Imperium und seine Lakaien ins Gras der Niederlage beißen lassen", erklärte er – ebenfalls via Twitter. (red, Gerald Schubert, 25.2.2019)