Labour-Chef Jeremy Corbyn bei einer Wahlveranstaltung in Broxtowe.

Foto: APA/AFP/OLI SCARFF

London – Die oppositionelle Labour-Partei will sich in Großbritannien hinter die Forderung nach einem zweiten Brexit-Referendum stellen. Parteichef Jeremy Corbyn werde die Abgeordneten noch am Montag über diesen Schritt informieren, teilte die Partei Labour mit. Zuvor wolle Labour jedoch versuchen, die konservative Regierung von ihren eigenen Brexit-Plänen zu überzeugen.

Mit dem Schritt solle ein "schädlicher Tory-Brexit auf der Grundlage von Theresa Mays mehrheitlich abgelehntem Deal" verhindert werden, wurde Corbyn zitiert. Labour werde einen entsprechenden Antrag entweder selbst vorlegen oder unterstützen.

Labour für Zollunion

Die Partei wolle zunächst im Parlament den Verbleib Großbritanniens in der Zollunion mit der EU beantragen, kündigte Corbyn an. Sollte das abgelehnt werden – was angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Unterhaus wahrscheinlich ist –, werde Labour einen Antrag auf Abhaltung eines zweiten Referendums vorlegen.

Am Mittwoch will Corbyn bei der Abstimmung über die weiteren Brexit-Schritte jedoch zunächst versuchen, die Regierung auf die Labour-Forderungen einzuschwören. Außerdem werde Labour einen Vorstoß unterstützen, der May zum Verschieben des EU-Austritts zwingen soll, falls bis Mitte März kein Austrittsabkommen ratifiziert ist. Damit soll ein ungeregelter Austritt abgewendet werden.

May gegen Verschiebung

May hatte eine Verlängerung der zweijährigen Austrittsfrist am Montag erneut abgelehnt. Sie will das Parlament am Dienstag über den Stand der Brexit-Gespräche informieren. Bei einem Gipfel der EU-Staaten und der Arabischen Liga in Ägypten hatte sie sich optimistisch geäußert, das Abkommen noch rechtzeitig zum 29. März durchs Parlament zu bringen. Der Austrittsvertrag war Mitte Jänner im britischen Unterhaus durchgefallen, weshalb sich May bei der EU um Nachbesserungen bemüht – bisher ohne Erfolg.

In der Labour-Partei ist die Forderung nach einem neuen Referendum populär. In den vergangenen Tagen war Corbyn jedoch verstärkt unter Druck geraten. Der aktuelle Vorstoß kommt nur wenige Tage nachdem mehrere Labour-Abgeordnete auch aus Protest gegen Corbyns Brexit-Kurs aus der Partei ausgetreten sind.

Der linksgerichtete EU-Skeptiker Corbyn hatte bisher vermieden, Labour auf ein zweites Referendum festzulegen. Ausgeschlossen hatte er es zwar nie – allerdings bevorzugte er Neuwahlen, bei denen er sich einen Sieg erhoffte.

Andreas Schieder, SPÖ-Spitzenkandidat bei der EU-Wahl, begrüßte, dass Labour ein zweites Referendum anstrebt. Für Großbritannien und ganz Europa sei "jedes Ergebnis besser als der unkontrollierte Brexit, der Ende März droht", sagte er am Montagabend. (APA, dpa, 25.2.2019)