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Die Substanz ist Hauptbestandteil des Pflanzenschutzmittels Roundup. Das Produkt gehört zum deutschen Bayer-Konzern, seitdem dieser das US-Unternehmen Monsanto übernommen.

Foto: Reuters/Benoit Tessier

San Francisco/St. Louis/Leverkusen – Glyphosath ist immer für Aufreger gut, gehen doch die Meinungen darüber, wie gefährlich das umstrittene Herbizid ist, weit auseinander. Derzeit wird diese Frage wieder einmal mehr an verschiedenen Fronten verhandelt. In Frankreich will die dortige Verbraucherschutzbehörde Anses mit einer "unabhängigen Studie" über die tatsächlichen Gesundheitsauswirkungen des Unkrautmittels aufklären. Man will die "Kontroverse über die von Glyphosat ausgehenden Gefahren", beenden. Ob dies gelingt bleibt abzuwarten. Hierzulande ist das Unkrautvernichtungsmittel in Kärnten ein größeres Thema, will doch die SPÖ ein Glyphosat-Verbot durchsetzen.

In den USA hat indes ein großer, potenziell wegweisender Rechtsstreit um die möglichen Krebsgefahren begonnen – und das überaus turbulent. Am Montag begann die Auseinandersetzung vor Gericht – und sie gipfelte gleich darin, dass der zuständige Bundesrichter Vince Chhabria der Klägerseite mit Sanktionen drohte.

Die Anwältin des Klägers Edwin Hardeman, der Monsantos Unkrautvernichter Roundup für seine Erkrankung an Lymphdrüsenkrebs verantwortlich macht, habe sich nicht an die vorgegebene Prozessordnung gehalten, so Chhabria.

Zweigeteilter Prozess

Der Richter warf der Klägeranwältin vor, gezielt vom festgelegten Thema abgewichen zu sein. Chhabria hatte im Jänner entschieden, das Verfahren in zwei Teile zu trennen – zunächst geht es darum, ob Monsanto-Produkte krebserregend sind. Nur wenn die Klägerseite dies ausreichend belegen kann, würde die Frage verhandelt, ob das Unternehmen Risiken verschwiegen hat. Die Anwältin habe sich an diese vorgegebene Linie in ihrem eröffnenden Statement aber nicht gehalten. Chhabria verdonnerte sie per gerichtlicher Anordnung, noch im Laufe des Tages eine schriftliche Erklärung zu ihrem Verhalten abzugeben.

Für die Bayer AG, die Monsanto vergangenes Jahr für rund 63 Milliarden Dollar (55 Mrd. Euro) übernommen hatte, ist der Rechtsstreit hochbrisant. Denn es handelt sich um einen "Bellwether Case" genannten Musterfall in einem Massenverfahren, der richtungsweisend für viele weitere Klagen ist. Insgesamt ist Bayer mit rund 9.300 US-Klägern konfrontiert, Hunderte Fälle unter dem Bundesgesetz sind bei Richter Chhabria in San Francisco gebündelt.

Gefahr vertuscht

Kläger Hardeman beschuldigt Monsanto nicht nur, mit dessen Verkaufsschlager Roundup, der das umstrittene Herbizid Glyphosat als Wirkstoff enthält, seine Krebserkrankung verursacht zu haben. Er wirft dem Saatgutriesen auch vor, die Gefahren des Produkts vertuscht zu haben. Der Konzern hatte bereits im vergangenen September eine Niederlage in einem anderen Fall vor US-Gericht erlitten, legte dagegen aber Berufung ein und weist die Anschuldigungen zurück.

"Während wir großes Mitgefühl mit Herrn Hardeman haben, unterstützt die umfangreiche wissenschaftliche Forschung zu glyphosat-basierten Herbiziden über vier Jahrzehnte hinweg die Schlussfolgerung, dass Roundup nicht für seine Krankheit verantwortlich ist", teilte Bayer in einem Stellungnahme zum Prozessauftakt mit. Der Konzern beruft sich auf über 800 Studien, die belegen sollen, dass der Unkrautvernichter sicher ist – bei vorschriftsgemäßer Anwendung.

Die US-Kläger stützen sich ebenfalls auf diverse Studien, zuvorderst auf die Internationale Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die Monsantos Unkrautvernichter 2015 als "wahrscheinlich krebserregend" für Menschen einstufte. Beim ersten Prozess vor Chhabrias Gericht sollen jetzt etliche Experten zum Thema gehört werden. Es steht ein regelrechter Anhörungsmarathon an – in den nächsten Wochen soll an je vier Tagen pro Woche rund sechs Stunden lang verhandelt werden. Insgesamt geht das Gericht davon aus, dass der Prozess vier bis fünf Wochen dauern wird. (APA, red, 26.2.2019)