Mit 27 km/h schafft es die Rauhautfledermaus vom Baltikum bis an die französische Riviera.
Foto: Christian Giese

Berlin – Während Zugvögel jedermann ein Begriff sind, wissen viele Menschen nicht, dass auch Fledermäuse Wanderungen absolvieren können, die kaum weniger beeindruckend sind: Gerade in Europa, wo die Tiere mit dem Wechsel der Jahreszeiten starke Temperaturunterschiede bewältigen müssen, ziehen verschiedene Fledermausarten über hunderte Kilometer zwischen ihren sommerlichen Jagdgründen und ihren Winterquartieren. Bei einigen Arten können diese Migrationen sogar an die 2.000 Kilometer weit reichen.

Eine solche Langstreckenwanderin, die Rauhautfledermaus (Pipistrellus nathusii), haben nun deutsche Forscher näher untersucht. Im Sommer halten sich diese Fledermäuse in Nordosteuropa auf, ihre Winterquartiere befinden sich in Südfrankreich. Da bei so extrem langen Reisen ein anderer Flugstil gepflegt werden dürfte als bei der hektischen Jagd nach Insekten, haben die Wissenschafter die Tiere im Windkanal getestet, wie der Forschungsverbund Berlin berichtet. Die Ergebnisse wurden im "Journal of Experimental Biology" veröffentlicht.

Zweiteiliges Experiment

Ein Team unter der Leitung von Sara Troxell und Christian Voigt vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung ging dem Thema mit einer zweiteiligen Untersuchung nach. In Stufe eins wurde in einem Windkanal in Kombination mit einer Atemkammer die Anreicherung von stabilen Kohlenstoffisotopen in der Atemluft der Fledermäuse gemessen, um den Stoffwechsel zu berechnen.

Die Messungen wurden direkt vor und nach Flügen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten durchgeführt – so ließ sich ermitteln, bei welcher Geschwindigkeit sich das beste Verhältnis von Energieverbrauch und zurückgelegter Strecke einstellt.

Vor Ort

Der zweite Teil der Studie wurde im Migrationskorridor der Rauhautfledermäuse an der lettischen Ostseeküste durchgeführt. Über die von den Fledermäusen ausgestoßenen Echoortungsrufe ermittelten die Forscher die Flugbahnen von migrierenden Fledermäusen. Daraus errechneten sie die tatsächlichen Fluggeschwindigkeiten bei der Wanderung.

Das – letztlich einleuchtende – Ergebnis: Die Tiere wählen für ihre Langstreckenreisen die energieeffizientesten Geschwindigkeit, können also weite Strecken mit minimalem Energieaufwand zurücklegen. "Unsere Studie belegt, dass die beobachteten Fluggeschwindigkeiten genau zu jenen berechneten Idealwerten passen. Die Fledermäuse fliegen also genau mit jener Geschwindigkeit, die sie am energieeffizientesten über lange Strecken trägt", schließen Troxell und Voigt. Diese Geschwindigkeit beträgt übrigens etwa 27 km/h. (red, 2. 3. 2019)