Wien – Unseren ohnehin schon hohen Verbrauch an Rohstoffen und Energie noch weiter zu steigern, würde zwar die Wirtschaft wachsen lassen – der tatsächlich für jeden spürbare Wohlstand respektive das gesellschaftliche Wohlergehen erhöhe sich aber nicht mehr. Und er würde sogar bei einer Ressourcenverbrauchssenkung gleich bleiben: Das sind die wichtigsten Ergebnisse einer Studie, die Wiener Wissenschafter im Fachjournal "Nature Sustainability" vorstellten.

Das Team um Helmut Haberl vom Institut für Soziale Ökologie der Universität für Bodenkultur in Wien analysierte die Forschungsliteratur, wie man den "gesellschaftlichen Stoffwechsel" schonender für das Klima, die Umwelt und Ressourcen gestalten kann. Als Vergleichswerte zogen die Forscher dabei das klassische Bruttoinlandsprodukt (BIP) und den sogenannten Social Progress Index ("Index des sozialen Fortschritts, SPI) heran.

Letzterer ist im Gegensatz zum BPI kein reiner Geldwert, sondern ein Maß für die soziale und ökonomische Entwicklung eines Landes, so Haberl. Der SPI umfasse etwa den Stand der Gesundheitsversorgung, die Höhe der Lebenserwartung, die Pressefreiheit und hygienische Standards. Während das BIP also darstellt, wie gut es der Wirtschaft geht, zeigt der Index des sozialen Fortschritts, wie gut es den Menschen geht.

Plateau erreicht

Ab einer gewissen Ressourcenmenge gäbe es keinen Zusammenhang mehr zwischen SPI und Verbrauch, so Haberl. Bei Primärenergie etwa liege der Wert bei 70 Gigajoule pro Einwohner. Dann sei beim gesellschaftlichen Wohlergehen ein Plateau erreicht, lediglich das BIP wachse weiter.

"Ab einem gewissen Level geht es also nicht unbedingt darum, dass es den Menschen und der Gesellschaft besser geht, sondern um bestimmte wirtschaftliche Interessen oft nur für wenige zu befriedigen", so der Forscher. Man könne also den Ressourcenverbrauch senken, ohne das gesellschaftliche Wohlergehen zu mindern, meint er.

Ungelöste Probleme

Allerdings müsse man bedenken, dass in den Industriegesellschaften sofort soziale Komplikationen wie Arbeitslosigkeit akut werden, wenn die Wirtschaft nicht ständig wächst. "Das ist zwar nur ein Organisationsproblem, aber alles andere als leicht zu lösen", sagt Haberl. In einem aktuellen Projekt würde er aber mit Kollegen ausarbeiten, wie man das gesellschaftliche Wohlergehen vom Wirtschaftswachstum entkoppeln könnte.

Außerdem zeigt die aktuelle Arbeit auf, dass die Kreislaufwirtschaft in den Industrieländern mittlerweile gut funktioniert, von ihr aber keine Wunder zu erwarten sind. Zum Beispiel bei Stahl wird am Ende des Produktzyklus von dem Material doppelt so viel recycelt wie entsorgt, so Haberl. Doch selbst wenn man den Kreislauf komplett schließt und unter großem Energieaufwand sämtlichen Stahl wiederverwertet, könne man beim derzeitigen, rapiden Ausbau der Infrastruktur nie und nimmer den Ressourcenhunger damit stillen. (APA, red, 28. 2. 2019)