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Beim Gipfel zwischen Trump und Kim im vergangenen Juni war für Südkoreas Präsidenten Moon Jae-in (Mitte oben) die Welt noch in Ordnung.

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Bei seiner Pressekonferenz in Hanoi strengte sich US-Präsident Donald Trump verzweifelt an, das Gipfeltreffen trotz Ausbleibens eines "Deals" als Erfolg zu verkaufen. So betonte er die angeblich produktive Gesprächsatmosphäre, den gegenseitigen Respekt, seine Warmherzigkeit. Die anwesenden Journalisten ließen sich jedoch nicht täuschen: Das zweite Treffen zwischen Washington und Pjöngjang ist im Desaster zu Ende gegangen.

Besonders aus Sicht von Moon Jae-in: Südkoreas Präsident hatte ursprünglich geplant, am Freitag in einer Rede Details über seine neuen innerkoreanischen Kooperationsprojekte vorzustellen. Viel Neues wird er allerdings nicht verkünden können: Eine Wiedereröffnung der gemeinsamen Sonderwirtschaftszone Kaesong wird es ohne gelockerte Nordkorea-Sanktionen nicht geben können, seine innerkoreanische Annäherungspolitik bleibt also bis auf weiteres auf symbolischen Kulturaustausch beschränkt.

Häme der Hardliner

Von der konservativen Opposition wird sich Moon zudem auf Häme einstellen müssen, Teile der Bevölkerung dürften ebenfalls entnervt sein. Auch die Finanzmärkte in Seoul reagierten negativ: Der südkoreanische Aktienmarkt Kospi schloss mit einem Minus von 1,76 Prozent, dem höchsten Tageseinbruch seit langem. In Seouls Innenstadt zeigen sich die Leute am Donnerstagabend enttäuscht: "Nichts ist gelöst, alle Anstrengungen waren vergeblich! Ich glaube, eine Einigung zwischen Trump und Kim wird noch lange Zeit dauern", meinte ein 67-Jähriger mit Nachnamen Kim, während er auf seinen Bus wartete. Ein ebenfalls älterer Herr sagte: "Wir sollten die Hoffnung nicht verlieren. Meine Erwartungen liegen nun auf einem dritten Gipfel."

Für die meisten professionellen Beobachter ist der enttäuschende Ausgang des Gipfels eine Überraschung. Es wurde zumindest erwartet, dass sich beide Seiten zu einem gesichtswahrenden Minimalresultat durchringen könnten – etwa auf ein Verbindungsbüro. "Wir sind genauso perplex wie der Rest der Welt", sagte ein südkoreanischer Regierungsbeamter zu CNN.

60 Stunden umsonst im Zug

Wenig später ließ Südkoreas Präsidentenamt verkünden, dass man den Ausgang des Gipfels bedauere. Im Netz sind die Reaktionen deutlich direkter: "Hat Kim Jong-un nur dafür eine 60-stündige Zugfahrt auf sich genommen?", tweetet der südkoreanische Journalist Subin Kim zynisch. Auch in dem koreanischen sozialen Netzwerk Naver herrschen Spott und Ironie vor: "Sollte es zu einem dritten Gipfel kommen, wird sich niemand mehr dafür interessieren", schreibt ein Nutzer.

Im Gegensatz zu Trump wird es Kim allerdings weitaus leichter haben, den enttäuschenden Gipfel seiner weitgehend von freier Information abgeschlossenen Bevölkerung als Erfolg zu verkaufen. Rüdiger Frank, Leiter des Instituts für Ostasienwissenschaften der Uni Wien, skizziert auf Twitter bereits das Narrativ der nächsten Ausgabe der Staatszeitung "Rodong Sinmun": "Kim hat seine Forderungen heroisch präsentiert und gab dabei keinen Millimeter nach." (Fabian Kretschmer aus Seoul, 28.2.2019)