In der Antarktis dürfte sich demnächst ein kolossales Ereignis abspielen: Ein riesiger Eisberg ist allem Anschein nach dabei, sich vom Brunt-Schelfeis zu lösen und ins östliche Weddellmeer zu treiben. Risse in der betreffenden Eisregion sind schon lange bekannt, doch wie jüngste Aufnahmen der US-Weltraumbehörde Nasa zeigen, wächst einer davon mit rasanter Geschwindigkeit.

Das Brunt-Schelfeis auf einer Satellitenaufnahme vom 23. Jänner 2019. Der Halloween-Riss (im Bild oben) dürfte bald Besuch aus dem Süden bekommen.
Foto: NASA Earth Observatory/Joshua Stevens

Rasanter Riss

Sollte sich diese Entwicklung fortsetzen, dürfte schon bald ein Eisberg mit einer Fläche von mindestens 1.700 Quadratkilometer abbrechen, das entspricht etwa der vierfachen Fläche von Wien. Welche Folgen dies für das übrige Schelfeis und die dort gelegene Halley-Forschungsstation vom British Antarctic Survey hätte, ist Experten zufolge unklar.

Ein großer Riss im Brunt-Schelfeis wurde schon vor Jahrzehnten registriert, er blieb in den vergangenen 35 Jahren aber stabil. Inzwischen wächst dieser Riss jedoch mit einer Geschwindigkeit von rund vier Kilometern pro Jahr Richtung Norden. Dort dürfte es schon bald zu einem Zusammentreffen mit dem sogenannten "Halloween-Riss" kommen, der sich von Westen nach Osten erstreckt und erst im Oktober 2016 entdeckt worden war. In diesem Fall ist eine Kalbung sehr wahrscheinlich.

Die Aufnahme stammt vom Nasa-Erdbeobachtungssatelliten Landsat 8.
Foto: NASA Earth Observatory / Joshua Stevens

Gefährdete Forschungsstation?

Trotz der imposanten Größe des resultierenden Eisbergs wäre das kein Rekord. Erst im Sommer 2017 hatte sich ein 5.800 Quadratkilometer großer Gigant vom Larsen-C-Schelfeis in der Westantarktis gelöst – und das war "nur" die drittgrößte je per Satellit beobachtete Kalbung. Allerdings wäre es der größte Eisberg, der sich seit Beginn der Aufzeichnungen 1915 vom Brunt-Schelfeis löste.

"Der wahrscheinliche künftige Verlust des Eises auf der anderen Seite des Halloween-Cracks legt nahe, dass mehr Instabilität möglich ist und auch ein Risiko für die Halley-Station VIa besteht", sagte der Glaziologe Chris Shuman von der Nasa und der University of Maryland, Baltimore County. Die Station war zuletzt nach der Entdeckung des "Halloween-Risses" 2016 umgezogen. Ein bereits 1992 geschlossener Standort der Station (Halley IV) liegt genau auf dem Areal, das schon bald davon treiben dürfte. (dare, 28.2.2019)