Die Liste Jetzt hat einen Neuregelungsvorschlag im Nationalrat eingereicht, der sowohl einen Entwurf für ein neues Informationsfreiheitsgesetz wie auch eine Änderung des Verfassungsgesetzes beinhaltet.

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Die österreichische Gesetzeslage zur Transparenz der Verwaltung kann für neue Beobachter schnell für Verwirrung sorgen. So herrscht sowohl eine Auskunftspflicht wie auch ein Amtsgeheimnis – erst im Einzelfall wird entschieden, ob etwas publiziert werden muss oder nicht. In der Praxis bedeutet das, dass Behörden oft selbst entscheiden können, ob sie bestimmte Dokumente – etwa eine Studie mit unliebsamen Ergebnissen – veröffentlichen. Das Auskunftspflichtgesetz, ursprünglich 1987 beschlossen, kann also mit Berufung auf die Amtsverschwiegenheit oder darauf, dass die Aufgaben der Behörde beeinträchtigt werden könnten, umgangen werden.

Verfassungsrang als Hürde

Dazu kommt, dass das Amtsgeheimnis in Österreich – und das ist EU-weit einzigartig – Verfassungsrang hat. Das bedeutet, dass im Parlament eine Zweidrittelmehrheit notwendig ist, um eine Änderung zu beschließen.Im weltweiten Vergleich ist Österreich laut dem Global Right to Information (RTI) Rating bei der Qualität seines Gesetzes zum Informationszugang gemeinsam mit dem Inselstaat Palau absolutes Schlusslicht. Der Nachbar Slowenien und weiter südlich Kroatien schaffen es hingegen in die Top Ten.

Gescheiterte Versuche

Die letzte Regierung, bestehend aus SPÖ und ÖVP, scheiterte immer wieder an dem Versuch, eine Änderung herbeizuführen. Die aktuelle Regierung hat das Thema bis dato nicht behandelt. 2013 sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), damals noch Staatssekretär, er wollte einen "gläsernen Staat" anstatt eines "gläsernen Bürgers" schaffen. 2014 sprach er von "open government". Im aktuellen Regierungsprogramm von ÖVP und FPÖ finden sich hingegen keine Vorhaben zum Thema Informationsfreiheit. Bei der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der Liste Jetzt im September des vergangenen Jahres hieß es, dass die Regierung keine "gesonderten Maßnahmen" vorsehe, um das Amtsgeheimnis anzupassen.

Entwurf und Änderung eingebracht

Die Liste Jetzt unternimmt nun einen weiteren Versuch, das zu ändern: Alfred Noll hat einen Neuregelungsvorschlag im Nationalrat eingereicht, der sowohl einen Entwurf für ein neues Informationsfreiheitsgesetz wie auch eine Änderung des Verfassungsgesetzes beinhaltet. "Wenn ein Extrem die grundsätzliche Geheimhaltung aller Angelegenheiten der Staatsverwaltung in der Monarchie war, dann ist das andere die gläserne Verwaltung in Schweden, wo sogar Steuerunterlagen Dritter eingesehen werden können", sagt Noll zur aktuellen Informationsfreiheit in Österreich zum STANDARD. "Österreich liegt hier nicht etwa in der Mitte, sondern ist im Jahr 2019 noch immer in unmittelbarer Nähe zum absolutistischen Pol des Amtsgeheimnisses anzusiedeln."

Mehrere Punkte

Der neue Entwurf enthält mehrere Punkte, die die Informationsfreiheit verbessern sollen. "Er ist um Längen besser als die Version, die damals von SPÖ und ÖVP vorgelegt wurde", sagt Matthias Huter von der Bürgerrechtsorganisation Forum Informationsfreiheit, die sich für Transparenz in Politik und Verwaltung einsetzt, dem STANDARD. So sieht der Text etwa ein Recht auf Zugang zu Dokumenten vor.

Zudem schreibt er eine einwöchige Frist bei der Beantwortung einer Anfrage vor – das gilt sowohl für Auskunftsanfragen wie auch Dokumente und Datensätze. "Auskunft wird von der Verwaltung aktuell oft verschleppt", sagt Huter. "Selbst die derzeit geltende Achtwochenfrist wird oft nicht eingehalten." In solchen Fällen kann derzeit eine Säumnisbeschwerde eingereicht werden. Bis Auskünfte erteilt werden, könnten so viele Monate vergehen.

Regierung weigerte sich bisher

Auch sieht der Entwurf eine Veröffentlichungspflicht von Dokumenten vor, etwa von Verträgen der öffentlichen Hand. "Wenn die Öffentlichkeit solche Informationen zeitnah erhalten könnte, könnte man eine viel sachlichere Diskussion zu bestimmten Themen führen", sagt Huter. Spannend sei nun, wie die Regierung auf den Entwurf reagiert. "Bisher weigert sie sich, das Thema auf die Agenda zu setzen", kritisiert Huter. (Muzayen Al-Youssef, 28.2.2019)