Auch zu Hause, in Washington, machte sich nach der Anhörung von Trumps Ex-Anwalt Michael

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Wäre es nach Donald Trumps Drehbuch gelaufen, stünde er jetzt als nobelpreiswürdiger Friedensstifter da. Als kühner Staatsmann, dem die Gegner daheim zwar in die Parade zu fahren versuchen, was aber nicht anders gewirkt hätte als ein kleinliches Manöver von Leuten, die ihm den Ruhm nicht gönnen. Ein Gipfeltriumph in Hanoi sollte hell überstrahlen, was er in Washington, wo sein einstiger Ausputzer Michael Cohen am Mittwoch auspackte, an Schlägen einstecken musste.

Damit hat er sich gründlich verrechnet, das Drehbuch ist nur noch Makulatur. Der "Dealmaker" musste lernen, dass der Boden der Diplomatie erst gründlich gepflügt sein will, bevor man eine Ernte einfahren kann. Das erfolglose Gipfeltreffen mit dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un steht für die Stunde der Wahrheit – während die Anhörung von Trumps ehemaligem Anwalt Cohen im US-Kongress den Beginn der Entzauberung symbolisieren könnte.

Nicht nur, dass Cohen seinem früheren Idol und Boss ankreidete, Schweigegelder angewiesen und vorab von Wikileaks-Enthüllungen zum Nachteil Hillary Clintons gewusst zu haben: Haften bleibt vor allem ein Satz, der Erinnerungen an den Watergate-Skandal weckt – an Richard Nixon, der immer tiefer im Sumpf seiner Lügen versank, bis er 1974 zurücktreten musste.

"Habe getan, was Sie tun"

"Auch ich bin verantwortlich für Ihre Dummheiten", entgegnete Cohen den republikanischen Abgeordneten, die stundenlang nicht eine einzige Frage zu Trumps Verhalten gestellt und umso aggressiver die Glaubwürdigkeit des Zeugen in Zweifel gezogen hatten. "Ich habe getan, was Sie heute tun, und zwar zehn Jahre lang. Ich habe Herrn Trump zehn Jahre gedeckt." Er könne nur davor warnen, dem Mann blind zu folgen. Wer sich darauf versteife, habe – genau wie er – einmal die Konsequenzen zu tragen.

Zu verstehen war es als Appell an die Konservativen zur Absetzbewegung – lieber früher als später. Dass es die so bald geben wird, muss allerdings bezweifelt werden. Zu tief sitzt der Respekt der Republikaner vor einem Meister der populistischen Zuspitzung, der sich nach wie vor auf einen verlässlichen Kern glühender Anhänger stützen kann.

Auf Fans, die bereit sind, mit ihm durch dick und dünn zu gehen – auch und gerade, weil sich Trump als Rächer der Belächelten im Kampf gegen die politische Elite in beiden Parteien inszeniert. Diese Basis scheint noch immer mächtig. Sie kann Republikaner, die sich gegen Trump stellen, bei den Vorwahlen durchfallen lassen, was das vorläufige Ende politischer Karrieren bedeutet.

Ob sich an dieser Konstellation etwas ändert, und wenn ja, wann, bleibt abzuwarten. Bisher haben die Granden der "Grand Old Party", so kritisch sie insgeheim sein mögen, nur selten gezeigt, dass sie ein Rückgrat besitzen.

Szenario Impeachment

Auch für die Demokraten, die seit den Kongresswahlen von November 2018 die Macht haben, Insider wie Cohen zwangsvorzuladen, ist die Lage kniffliger, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Der linke Parteiflügel dürfte demnächst voller Angriffslust die zwischenzeitlich zurückgestellte Forderung wiederholen, ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten einzuleiten.

Das moderatere Zentrum dagegen umschifft das Wort "Impeachment" einstweilen wie eine gefährliche Klippe. Beim herbstlichen Votum war es gut beraten, eine Weile ganz darauf zu verzichten – im Wissen darum, dass es die Wähler der Mitte vorziehen, 2020 selbst über Trumps politische Zukunft zu entscheiden, statt ihn schon vor Ablauf seiner vier Amtsjahre in die Wüste zu schicken. Nur so konnte es den Demokraten gelingen, Trumps Kandidaten Sitze in Wahlkreisen abzunehmen, in denen es traditionell auf der Kippe steht.

Der schwierige Spagat erklärt denn auch, warum es die Spitzen der Partei bisher vermeiden, sich allzu weit aus dem Fenster zu lehnen. Etwa Nancy Pelosi, die Vorsitzende des Repräsentantenhauses: "Lassen Sie es mich so sagen", erklärte sie salomonisch nach Cohens Auftritt. "Mich interessiert die schlechte Politik Donald Trumps viel mehr als seine schlechte Persönlichkeit."

Cohen wurde auch am Donnerstag im Kongress befragt, diesmal allerdings im Geheimdienstausschuss hinter verschlossenen Türen. Nach der Anhörung wurde bekannt, dass er am 6. März abermals vor den Kongress treten werde, um "fertig zu machen" ("finish up"). (Frank Herrmann, red, 29.2.2019)