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Die Einführung des Reinheitsgebots würde die Milchproduktion im Alpenraum um die Hälfte verringern, erwartet der Tierarzt.

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Bregenz – Um das Problem der europaweiten Tiertransporte einzudämmen, schlägt der Vorarlberger Amtstierarzt und Tierschutzexperte Erik Schmid ein "Reinheitsgebot der Alpenmilch" vor. Dieses beinhaltet die Abkehr von der Hochleistungs-Milchkuh, womit man auch der Milch-Überproduktion Herr werden könnte, erklärte Schmid in einem Interview mit der Vorarlberger Straßenzeitung "marie" (Verkauf ab 1. März).

Das Thema Tiertransporte hat in Vorarlberg in den vergangenen Monaten immer wieder Wellen geschlagen und auch die Landespolitik intensiv beschäftigt. Zuletzt verabschiedete das EU-Parlament in Straßburg Mitte Februar eine Entschließung, die bessere Kontrollen und härtere Strafen bei Rechtsverstößen bei Tiertransporten vorsieht. Das Grundproblem: Jahr für Jahr werden – nicht nur, aber auch in Vorarlberg – eine Vielzahl männlicher Kälber produziert, für die es an Ort und Stelle keine Verwendung gibt. Als Ausweg hat sich der Verkauf ins Ausland etabliert. Dazu werden oft quälende und lange Tiertransporte quer durch Europa – und möglicherweise auch darüber hinaus – in Kauf genommen.

Reinheitsgebot mit drei Säulen

Schmid regte nun an, analog zum Reinheitsgebot beim Bier (seit 1516 in Kraft) ein "Reinheitsgebot der Alpenmilch" zu entwerfen. Die Kälbertransporte seien nur die Spitze des Eisbergs, "der Eisberg selber, das ist das System Milch", sagte Schmid. Das Reinheitsgebot der Alpenmilch solle aus drei Säulen bestehen – zum einen müsse man wegkommen von hochgezüchteten Milchkühen und hin zu Rassen, die zur Fleisch- und Milchproduktion geeignet sind. Diese gelte es zweitens nur mit dem zu füttern, "was bei uns wächst". Und drittens solle das Kalb muttergebunden aufwachsen. "Die Grundphilosophie ist nicht: Ich gebe das Kalb weg und hol' mir – als Mensch – die ganze Milch, sondern das Kalb bekommt einen Teil und ich – der Mensch – bekomme einen Teil", so der Amtstierarzt.

Würde man sich an dieses Reinheitsgebot halten, so ginge laut Schmid die Milchproduktion im Alpenraum um zumindest 50 Prozent zurück – und damit wäre das Problem der Überproduktion gelöst. Der Milchpreis pro Liter würde sich damit auf etwa zwei Euro verdoppeln, schätzte der 62-Jährige: "Das könnte sich unsere Gesellschaft leisten".

Schmid vertrat die Ansicht, dass Vorarlberg ein solches System einführen könnte auch für den Fall, dass andere Länder und Regionen nicht mitmachen. "Es gibt kein besseres Alleinstellungsmerkmal", nannte der Amtstierarzt das "Reinheitsgebot der Alpenmilch" einen "Hammer-Marketing-Begriff". Auch gesundheitspolitisch brächte das Reinheitsgebot in den Augen Schmids Vorteile: "Wir müssen im tierischen Konsum runter. Aus ökonomischen, ökologischen, gesundheitlichen Gründen". (APA, 1.3.2019)