Gut 13 Jahre nach dem großen Bawag-Debakel kommt es zu einem weiteren gerichtlichen Nachspiel. Eine Sprecherin des Wiener Straflandesgerichts bestätigte am Freitag STANDARD-Informationen, wonach eine Anklage in der Causa Refco vorliegt. Betroffen sind vier frühere Manager, darunter der Ex-Chef der damaligen Gewerkschaftsbank, Johann Zwettler. Den Bankern wird Untreue und Beihilfe zu Betrug vorgeworfen.

Mit dem sich anbahnenden Prozess wird ein ebenso spektakuläres wie ruhmloses Kapitel österreichischer Wirtschaftsgeschichte noch einmal geöffnet. Es geht dabei um jenen "Blitzkredit" an den New Yorker Broker Refco in Höhe von 350 Millionen Euro, dessen Uneinbringlichkeit die Bawag in schwere Nöte brachte. Infolge der Ermittlungen tauchten die Spekulationsverluste in der Karibik auf. Letztlich rettete die Regierung unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel die Bank. Der ÖGB musste später das Institut an den US-Beteiligungsfonds Cerberus verkaufen. Die Bawag und die Jagd auf ihren Ex-Chef Helmut Elsner dominierten den Wahlkampf 2006, den die SPÖ überraschend gewann, nachdem die Partei in Umfragen weit hinten gelegen war.

Refco unter Gründer Philip Bennett war ein alter Geschäftspartner der Bawag, der zu den größten Futures-Tradern der Welt zählte. 1998 beteiligte sich die heimische Bank mit zehn Prozent an dem Broker, 2004 wurde das Engagement wieder beendet. Das hinderte die Bawag aber nicht daran, der schwer angeschlagenen Investmentfirma im Oktober 2005 – wohlgemerkt an einem Sonntag – 350 Millionen Euro zu leihen.

Praktisch pleite

Was die Gewerkschaftsbanker angeblich nicht wussten: Zum Zeitpunkt der Kreditgewährung war Refco praktisch schon pleite. Bennett hatte hohe Spekulationsverluste verschleiert und fasste später 16 Jahre Haft wegen Bilanzbetrugs aus. Er sitzt derzeit in New Jersey ein. Was die Situation der Angeklagten nicht gerade verbessern dürfte: Der Kredit war lediglich mit der Beteiligung Bennetts an Refco besichert, die wertlos war.

Der Versuch der Bawag, das Geld noch zurückzubekommen, scheiterte – stattdessen flogen in der Folge die Verluste auf, die die Gewerkschaftsbank mit ihren Krediten an Investmentbanker Wolfgang Flöttl ab Mitte der 1990er-Jahre eingefahren hatte. Die wurden dann – laut Kritikern auch auf politischen Druck hin – im Eiltempo aufgearbeitet. Der Prozess unter Leitung der Richterin und späteren ÖVP-Justizministerin Claudia Bandion-Ortner begann Mitte 2007, dauerte ein Jahr lang und musste wegen Nichtigkeit wiederholt werden. Bis zur Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zogen fast sechs Jahre ins Land. Heraus kamen am Ende fünf Freisprüche und vier Verurteilungen.

Nur Elsner saß ein

Ins Gefängnis musste allerdings nur Elsner, und auch der konnte die Zelle 2011 wegen Haftunfähigkeit verlassen. Zwettler wurde zu fünf Jahren verdonnert, musste aber – ebenfalls wegen Haftunfähigkeit – nie ins Gefängnis. Insider gehen davon aus, dass er auch im kommenden Prozess nicht vernehmungsfähig sein dürfte. Für alle Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung.

Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelte zuletzt gegen sieben Beschuldigte, nunmehr sind drei damalige Vorstandsmitglieder und ein weiterer Banker von der Anklage erfasst. Die langen Ermittlungen sorgten immer wieder für Kritik an der Justiz. (gras, 1.3.2019)