Der Schädel der neuentdeckten Seekuhart Culebratherium alemani.
Foto: Florida Museum photo by Jeff Gage

Gainesville – Es war gleich ein mehrfacher Glücksfall, der Forschern zu einem schönen Fund am Panamakanal verholfen hat: Weil der Wasserstand gerade besonders niedrig war, entdeckten sie die fossilierten Knochen eines Tiers, die aus einer Gesteinsschicht am Ufer des Panamakanals ragten. Mit einer raschen Notgrabung konnten sie die Fossilien gerade noch bergen, ehe die zeitweise durch Sandsäcke geschützte Fundstätte wieder überspült wurde.

Und die Entdeckung gelang auch nicht den Paläontologen, die auf Wirbeltiere spezialisiert waren und ein Stück weiter landeinwärts gruben, sondern einem Kollegen aus der Botanik, der eigentlich auf der Suche nach versteinerten Pflanzenresten gewesen war. Aber man nimmt als Forscher gerne, was der Boden eben hergibt – und in dem Fall waren es die Überreste einer Spezies, die man bislang noch nicht gekannt hatte.

Die Zähne der Seekuh sind noch kaum abgenutzt, was darauf hindeutet, dass sie in jungen Jahren starb.
Foto: Florida Museum photo by Aaron Wood

Bei dem Tier handelt es sich um eine Seekuh, die im Zeitalter des Miozän vor etwa 20 Millionen Jahren lebte. Obwohl es sich um ein jugendliches Exemplar handeln dürfte, war es bereits beachtliche viereinhalb Meter lang. Ein auffälliges Merkmal der Spezies, die die Bezeichnung Culebratherium alemani erhielt, waren stoßzahnähnliche Hauer. Als wollten sie ihre nahe Verwandtschaft zu Elefanten demonstrieren, haben verschiedene Seekuharten solche Zähne ausgebildet.

Die Forscher um Jorge Velez-Juarbe vermuten, dass das Tier – unterstützt durch starke Nackenmuskeln und eine nach unten gerichtete Schnauzenanatomie – die Zähne in den Meeresboden grub, um an die besonders nährstoffreichen unterirdischen Teile von Wasserpflanzen zu kommen. Sie verweisen darauf, dass es früher regelrechte Seekuh-Gemeinschaften aus verschiedenen Arten gab, die in einer Region zusammenlebten, aufgrund ihrer unterschiedlichen Anatomien aber an jeweils andere Nahrung angepasst waren – von im Sand eingegrabenen bis zu nahe an der Oberfläche treibenden Pflanzen.

Bei der Ausgrabung war Eile geboten: Das Wasser stieg unaufhaltsam.
Foto: Florida Museum photo by Aaron Wood

Obwohl auch heute nicht allzuweit von der Fundstätte entfernt Seekühe leben – die Manatis der Karibik –, ist das Tier aus dem Miozän nicht unmittelbar mit diesen verwandt. Laut den Forscher gehört es zu den Dugongs, die heute nur im Westpazifik und Indischen Ozean vorkommen. Zu Lebzeiten von Culebratherium alemani war der Seeweg zwischen Nord- und Südamerika noch weit offen, und die ursprünglich aus Afrika stammenden Seekühe konnten ungehindert in den Pazifik vordringen. Als sich die beiden Kontinente verbanden, wurden Dugongs und Manatis voneinander getrennt.

Heute gibt es nur noch eine einzige Dugong-Art. Bis vor 250 Jahren lebte im Nordpazifik noch eine zweite, die zugleich die Riesin ihrer Verwandtschaft war: Stellers Seekuh wurde acht Meter lang und zehn Tonnen schwer – und nach ihrer Entdeckung durch Europäer in trauriger Rekordzeit ausgerottet. (jdo, 3. 3. 2019)