Der Blick schockiert, die Blutinfusion noch im Arm, im Hintergrund steht ein Polizist: Auf dem wenige Sekunden dauernden Film ist ÖSV-Langläufer Max Hauke beim Eigenblutdoping zu sehen. Das Video ist am Mittwoch bei der Doping-Razzia entstanden, die zu Haukes Festnahme geführt hatte. Einer der Ermittler soll das Material an die Öffentlichkeit gespielt haben. Medien wie der ORF (TV, Online), krone.at oder heute.at haben apportiert und die acht Sekunden dauernde Sequenz veröffentlicht – und damit eine Medienethikdebatte ausgelöst. Die Causa könnte auch ein rechtliches Nachspiel haben. Klagt Hauke, stünden seine Chancen laut Juristen gut, denn die Veröffentlichung des Videos könnte gegen seine Persönlichkeitsrechte verstoßen.

Konsequenzen für Ermittler

Jener Beamte, der den Film publik gemacht haben soll, wurde am Freitag ausgeforscht. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck ermittelt gegen ihn jetzt wegen des Verdachts der Verletzung des Amtsgeheimnisses. Das Innenministerium befasst sich mit den disziplinarrechtlichen Folgen. Die Festnahme Haukes selbst war dem Vernehmen nach nicht friktionsfrei abgelaufen. Bevor der 26-jährige Steirer noch mit der Nadel im Arm ertappt wurde, war eine im Haus offensichtlich zur Behandlung der Sportler anwesende, mutmaßliche Krankenschwester als mögliche Komplizin dingfest gemacht und sofort abtransportiert worden.

Die routinemäßig mit einer Bodycam aufgenommene Aktion gegen Hauke geriet in der Folge ins Stocken, da kein medizinisches Personal anwesend war, um den Sportler von seiner Infusion zu befreien. Es musste die Rettung gerufen werden, die immerhin flott vor Ort war. Der ORF, aber auch krone.at nahmen den Film am Freitag wieder vom Netz, wohl auch aus Angst vor Klagen. "Die Entscheidung, das Video einmalig zu zeigen, war eine sehr kurzfristige, letztlich gab die Aktualität, das öffentliche Interesse und Brisanz des Themas den Ausschlag", argumentiert der ORF, "zum Schutz des höchstpersönlichen Lebensbereich des Athleten" wurde es später aus der TVThek entfernt. Susanne Kissich vom Institut für Zivilrecht der Uni Graz hält die Veröffentlichung aus "persönlichkeitsrechtlicher Sicht" für problematisch. "Die unnötige Bloßstellung verletzt Persönlichkeitsrechte wie etwa den Bildnisschutz; zu prüfen wäre auch eine Verletzung der Unschuldsvermutung."

Zu dieser Einschätzung kommt auch Rechtsanwältin Margot Rest von der Kanzlei Ruggenthaler, Rest & Borsky: "Der Sachverhalt erinnert stark an die Festnahme Peter Seisenbachers in seinem privaten Bereich lediglich mit einer Unterhose bekleidet auf seinem Sofa." Laut dem Obersten Gerichtshof stellten die in Medien publizierten Fotos von der Verhaftung des Ex-Judoka und Trainers eine Verletzung seines höchstpersönlichen Lebensbereichs dar.

Kein Informationswert

Anwältin Rest sieht eine Analogie zum Hauke-Video. "Auch er wird im privaten Bereich aufgenommen, und er wird für ihn vollkommen überraschend in einer für ihn vollkommen kompromittierenden Situation gefilmt." Die Aufnahmen hätten keinen zusätzlichen Informationswert, sondern primär einen "voyeuristischen Charakter". Im Lichte der "aktuellen Judikatur" hätte Hauke gute Chancen mit einer Klage.Die Causa schlägt auch beim Presserat auf. Laut Geschäftsführer Alexander Warzilek wird sich das Selbstkontrollorgan der österreichischen Presse nach einer Beschwerde eines Lesers mit dem Fall befassen. (Oliver Mark, 1.3.2019)