Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman zu Gast in Pakistan, bei Premier Imran Khan.

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Mit einer persönlichen Botschaft des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman (MbS) die indisch-pakistanische Kriegsgefahr betreffend wurde am Freitag der Staatsminister für Äußeres, Adel al-Jubeir, nach Islamabad geschickt: Riad knüpft an den atmosphärischen Hype an, den die saudisch-pakistanischen Beziehungen seit dem Besuch von MbS vor fast zwei Wochen erleben, um mäßigend auf Pakistan einzuwirken. Bei Premierminister Imran Khan dürfte er ein offenes Ohr finden – der aber nur den Spielraum hat, den die inneren Machtverhältnisse in Pakistan erlauben.

Der saudische Thronfolger – der mit seiner Asien-Reise unter anderem demonstrieren wollte, dass er trotz der westlichen Vorbehalte wegen des Khashoggi-Mords außenpolitisch völlig handlungsfähig ist – hatte nach Pakistan auch Indien und danach China besucht. Das sind allesamt komplizierte Dreiecke: Saudi-Arabien versucht, seine Beziehungen zwischen Pakistan und Indien so auszubalancieren, so wie es Indien zwischen den Erzfeinden Saudi-Arabien und Iran macht.

Indien und der Iran werfen beide Pakistan vor, dem islamistischen Terrorismus auf ihrem Territorium Vorschub zu leisten, und für beides gibt es aktuelle Anlässe: den Anschlag auf Pasdaran am 13. Februar in Balutschistan (27 Tote) und den am 14. Februar auf Polizisten in Pulwama/Kaschmir (46 Tote).

Eigentlich kein Saudi-Freund

Die alte strategische "special relationship" zwischen Riad und Islamabad hatte in den vergangenen Jahren einige Tiefs erlebt. Auch Imran Khan trat eigentlich saudi-kritisch auf, während sein indirekter Vorgänger Nawaz Sharif als Mann Riads galt. Als einer der Architekten der jetzigen Annäherung wird Generalstabschef Qamar Javed Bajwa gesehen.

Die neuen Spannungen mit dem Iran, der Rache für das Attentat schwor, erleichterten MbS die Mission, an frühere Zeiten anzuknüpfen: Gemeinsam wurde das Lied vom "weltweit größten Sponsor des Terrorismus: Iran" gesungen. In einem Statement unterstrichen die beiden Länder auch ihre Ablehnung der "Politisierung" der UN-Terrorismusliste. Das bezieht sich konkret auf den Fall von Masood Azhar, Chef der Jaish-e-Mohammed, die den Anschlag in Kaschmir verübte.

Wobei sich Pakistan in dieser Beziehung ohnehin auf die Blockade seiner Schutzmacht China – das wiederum den Konkurrenten Indien schwächen will – im UN-Sicherheitsrat verlassen kann. Notiz am Rande: MbS zeigte in Peking Verständnis für die chinesische Repression der muslimischen Uiguren, die von Menschenrechtlern scharf kritisiert wird. Wer ein Terrorist ist, liegt nicht nur im Auge des Betrachters, sondern auch im weiten Feld der politischen Nützlichkeit.

MbS, für dessen Besuch sogar ein Feiertag ausgerufen wurde, hatte außer der Solidarisierung gegen den Iran auch noch Investitionsversprechen von 20 Milliarden US-Dollar für das wirtschaftsschwache Pakistan im Gepäck (wobei wieder zu erwähnen ist, dass Saudi-Arabien in Indien mehr investiert hat und China der wichtigste Handelspartner ist). Der Iran wird mit Misstrauen beobachten, dass die Saudis eine Ölraffinerie am – von den Chinesen ausgebauten – Hafen von Gwadar errichten wollen, auf der pakistanischen Seite Balutschistans, also in iranischer Nachbarschaft.

Strategischer Ungehorsam

Die Frage ist, ob Saudi-Arabien und Pakistan sicherheitspolitisch an früher anschließen werden. Zuletzt hatte ja Islamabad einen gewissen strategischen Ungehorsam gezeigt, der sich etwa im Unwillen zeigte, 2015 beim Kriegsabenteuer der Saudis und der Vereinigten Arabischen Emirate im Jemen mitzumachen.

Auch die saudisch-emiratische Politik der Isolation Katars hat Pakistan nicht mitgetragen. Und während in Pakistan nun in Sicherheitskreisen Befriedigung darüber herrscht, dass die USA direkt mit den Taliban über die Zukunft Afghanistans verhandeln, stoßen sich Riad und Abu Dhabi am Verhandlungsort: Doha, der katarischen Hauptstadt.

Die Annahme liegt nahe, dass Pakistan für das saudische Geld zumindest sein Engagement bei einem saudischen Projekt hinauffahren soll, das im Dezember 2015 als "Antiterrorkoalition" geschaffen wurde: Eine Delegation der Islamic Military Counter Terrorism Coalition (IMCTC), aus 41 vorwiegend sunnitischen Ländern bestehend und in Riad angesiedelt, war wenige Tage vor MbS erstmals in Islamabad – umso erstaunlicher, als ein ehemaliger pakistanischer Generalstabschef, Raheel Sharif, ihr Chef ist.

IS quasi besiegt

Wirklich operativ ist die IMCTC nicht geworden – und die zumindest in westlichen Augen größte Terrorbedrohung, der "Islamische Staat", ist ja in seiner territorialen Form besiegt, von anderen, sehr disparaten Kräften (den USA bis zu iranischen Milizen). Unter den pakistanischen Gegnern eines Engagements im IMCTC gibt es die Befürchtung, dass sie eigentlich eine Allianz gegen den Iran werden soll. In Pakistan ist das schon allein deshalb ein sensibles Thema, weil bis zu zwanzig Prozent der Bevölkerung Schiiten sind. Und anders als in Saudi-Arabien sind sie Teil der politischen und kulturellen Identität des Landes. (Gudrun Harrer, 1.3.2019)